Derzeit zeigt sich Stockholm von seiner, um es ganz deutlich zu sagen, scheußlichsten Seite. Die feuchte Seeluft fegt über die Stadt. Es regnet. Eisiger Nebel liegt über den Straßen. Oder es schneit. Das im Sommer heimelige und romantische Kopfsteinpflaster in Gamla Stan ist mit einer Eisschicht bedeckt, so dass jeder Spaziergang zu einer Rutschpartie wird. Trotzdem, oder gerade deswegen suchen auch zu dieser Jahreszeit einige unerschrockene Touristen ihren Weg in die schwedische Hauptstadt. Nachdem sie sich vom Flughafen hergekämpft, ihre nassen Klamotten getrocknet und ausgeschlafen haben, kommt die unausweichliche Frage: was machen wir jetzt?
Was ich normalerweise bei solchem Wetter mache, ist klar: Couch suchen, Krimi suchen. Aber mir ist klar, dass man nicht 2000 Kilometer in eine fremde Stadt fliegt, um dann in der Bude zu hocken. Einige Sachen, wie Bootsrundfahrten, oder auf die Schären rausfahren, sind im Winter nicht möglich, oder extrem ungemütlich. Aber dafür gibt es andere Aktivitäten die man genausogut machen kann, und andere, die nur im Winter möglich sind.
Wenn es draußen so richtig kalt, nass und ungemütlich ist, wird es Zeit für einen Museumsbesuch. In Reiseführern steht das Vasamuseum als absolutes Muss für den Stockholmbesucher. Lohnt sich das? Definitives Ja! Im Winter ist das sogar noch angenehmer: nicht nur, dass man nicht da Gefühl hat, die Schöne Sonne draußen zu verpassen, nein man entgeht auch den ellenlangen Schlangen, die im Sommer einen Besuch im Vasamuseum zu einem zeitaufwendigen und nervigen Unterfangen machen. Das Museum selbst stellt eine Kuriosität dar, enthält sie doch genau ein Ausstellungsstück – die 1628 während des dreißigjährigens Kriegs gesunkene Vasa. Schiff und die zu dieser Zeit herrschenden Verhältnisse und politischen und gesellschaftlichen Verwicklungen wurden aber grandios und anschaulich aufbereitet. Das Museum ist uneingeschränkt zu empfehlen, auch und besonders im Winter. Weitere Informationen: http://www.vasamuseet.se/sv/
Schweden, das verbindet man mit toller Natur und draußen sein. Natürlich möchte man sich bei der Kälte im Haus verkriechen, aber ein Spaziergang lohnt immer. Die Natur und die Umgebung in und um Stockholm ist fundamental, gewaltig, erschlagend. Und das merkt man im Winter noch stärker. Die dunklen Felsen kontrastieren mit dem Schnee, die Seen frieren zu, und die im Sommer funkelnde und kuschelige Ostsee nimmt im Winter die Farbe geschmolzenen Blei an. Wer die Natur am eigenen Leib spüren will, dem sei ein Spaziergang bei minus 20 Grad empfohlen.
Gut für kurze oder längere Spaziergänge eignet sich die Insel Djurgarden. Die beinahe unbebaute Insel liegt mitten im Stadtgebiet von Stockholm. Das ehemalige Jagdrevier der Könige hat es mittlerweile zum Nationalparkstatus gebracht und ist der einzige innerstädtische Nationalpark weltweit. Über gut ausgebaute Wege kann man so weit und lange man will flanieren, meist in Sichtweite des Wassers. Nach Djurgarden kommt man mit dem Bus oder mit der Fähre. Einen Weg sollte man auf jeden Fall mit der Fähre zurücklegen. Für Besucher mit SL_karte ist die Benutzung kostenlos (nicht aber mit der Stockholm-kort). Der Blick auf die Stockholmer Altstadt vom Boot aus gehört zum Schönsten, was die Stadt zu bieten hat, und man versteht, warum Stockholm bei Nils Holgersson nur die „schwimmende Stadt“ hieß.
A propos Djurgarden, wenn das Wetter halbwegs mitspielt, sollte man auf jeden Fall einen Besuch in Skansen erwägen. Das Freilichtmuseum mit Gebäuden aus verschiedenen Regionen und Epochen der schwedischen Geschichte befindet sich ebenfalls auf Djurgarden und ist immer einen Besuch wert. Für den Touristen ist dies außerdem die sicherste Gelegenheit, Elche zu sehen: Skansen beherbergt einen kleinen Zoo, in dem zahlreiche typische Vertreter der Fauna Schwedens und Skandinaviens leben: unter anderem Wölfe, Rentiere, Vielfraße – und Elche. die skandinavischen Tiere ausgestellt sind. Ein Besuch in Skansen lohnt sich vor allem am Wochenende. Dann sind zahlreiche Gebäude in der „Handwerkersiedlung“ geöffnet, auf und die Handwerker zeigen ihre Kunst. Tip: unbedingt die Bäckerei besuchen und Ochsenaugen, Kanel- und Kardammonbulle frisch aus dem Ofen probieren!
Halten grimmige Minusgrad über mehrere Tage und Wochen an, beginnen die Seen in und um Stockholm zuzufrieren, im Extremfall sogar die Ostsee. Da, wo im Sommer die Ausflugsschiffe entlang fahren, kann man dann auf dem Eis spazieren gehen. Am schönsten ist das in der Nähe von Skanstull, wo man einen Ausblick auf das Wasser und die Insel Södermalm hat. Im Tantolunden park kann man dann wieder an Land gehen, und sich in eines der gemütlichen Cafes auf Söder bei Kaffee oder Tee wieder aufwärmen. Bitte vorher kundig machen. Die Stadtverwaltungen von Stockholm und Umgebung prüfen das Eis laufend. Bitte bitte auf keinen Fall auf das Eis gehen, wenn es nicht frei gegeben ist! Jedes Jahr haben wir in Schweden mehrere Todesfälle, weil Leute auf das zu dünne Eis hinausgegangen sind.
Mehr Vorschläge zum Winter in Stockholm gibt es am nächsten Donnerstag.
Autor(in): Tina Skupin – [email protected]