Was ist das eigentlich und wie funktioniert es genau?
Das Bieterverfahren ist bei uns in Deutschland eine relativ unbekannte Verkaufsstrategie, bei der die Interessent:innen Gebote abgeben, um den Kaufpreis zu bestimmen. In Schweden ist es die üblichste Methode zur Kaufpreisfindung von Wohnimmobilien.
Was darf man sich unter einem Bieterverfahren genau vorstellen und wie läuft es ab?
In der schwedischen Immobilienanzeige wird lediglich ein „Ausgangspreis“ ausgewiesen. Dieser wurde vom Makler festgelegt und orientiert sich am Marktwert der Immobilie. Dann beginnt für die Interessent:innen der spannende und auch etwas unkalkulierbare Teil der Kaufpreisfindung.
Grundsätzlich können die ersten Gebote entgegengenommen werden, sobald eine Immobilie zum Verkauf steht und dieser – durch etwa eine Immobilienanzeige oder ein Hinweisschild – sichtbar gemacht wurde.
In den meisten Fällen wird jedoch unmittelbar nach dem vom Makler initiierten Besichtigungstermin das Bieterverfahren eröffnet. Dies geschieht in der Regel im Rahmen eines offenen Verfahrens. Die Kaufinteressierten haben die Möglichkeit, dem Makler den in ihren Augen angemessenen Preis als ihr Gebot zu nennen. Und zwar relativ informell telefonisch, per Email oder SMS. Im Verlauf des Bieterverfahrens werden alle Interessent:innen laufend darüber informiert, welchen Preis welche Partei geboten hat. Man hat also immer wieder die Chance, sein Gebot anzupassen bzw. zu erhöhen. Der Prozess zieht sich in der Regel ein bis zwei Wochen hin und je nach Nachfrage entfernt sich der Kaufpreis hierbei deutlich von dem in der Anzeige genannten Ausgangspreis.
Grundsätzlich gibt es keine Zeitbegrenzung für das Bieterverfahren. Sind jedoch alle Gebote eingegangen bzw. wird das höchste Gebot von niemandem mehr überboten, entscheidet der/die Verkäufer:in, welche:r Interessent:in den Zuschlag für den Kauf der Immobilie bekommt. Dies muss nicht zwingend der Höchstbietende sein. Der Verkäufer muss seine Wahl auch nicht rechtfertigen.
In einigen Fällen gibt ein:e Interessent:in ein verdecktes Gebot ab. Dies bedeutet, dass die übrigen Mitbietenden dieses Gebot nicht sehen. Der Verkäufer kann daraufhin bestimmen, ob das verdeckte Gebot angenommen, für alle offengelegt oder abgewiesen wird. Hintergrund kann hier sein, sich einen für die anderen Mitbietenden nicht sichtbaren Vorsprung zu verschaffen oder die Verkäuferseite zu einem schnellen Abschluss des Verfahrens zu bewegen.
Mit dem/der von Verkäuferseite bestimmten Käufer:in wird dann ein Termin für die Vertragsunterzeichnung vereinbart. Sollte ein verspätetes Gebot beim Makler eingehen, noch ehe der Kaufvertrag unterschrieben wurde, entscheidet der/die Verkäufer:in, ob das verspätete Gebot angenommen oder abgewiesen wird.
Grundsätzlich kann man sagen, dass der Erfolg des Bieterverfahrens von der jeweils aktuellen Marktlage abhängig ist. Es kann also auch sein, dass unterhalb des ausgewiesenen Ausgangspreises geboten wird und dieser bei Verkauf letztendlich gar nicht erreicht wird. Meist erzielt das Bieterverfahren jedoch einen Kaufpreis, der mitunter weit über dem Ausgangspreis liegt.
Welchen Regeln folgt das Bieterverfahren?
Es gibt in Schweden keine Gesetzgebung die regelt, wie ein Bieterverfahren ablaufen soll; es gibt jedoch einige grundlegende Punkte, die sowohl für die Käufer- als auch für die Verkäuferseite wichtig zu wissen sind:
Ein Gebot ist rechtlich nicht bindend, weder für den/die Käufer:in, noch für den/die Verkäufer:in. Als Kaufinteressent:in darf man sowohl auf mehrere Immobilien gleichzeitig bieten als auch von seinem Gebot zurücktreten. Der/die Verkäufer:in hingegen hat das Recht selbst zu entscheiden, an wen, wann und zu welchem Preis er/sie die Immobilie veräußert.
Der/die Makler:in ist verpflichtet eine Liste zu erstellen, die sowohl die Namen und Kontaktdaten wie auch den Zeitpunkt und die Höhe des jeweiligen Gebots beinhaltet. Die komplette Liste wird nach Abschluss des Verkaufsvorgangs – meist am Tag der Übergabe der Immobilie – an den/die Verkäufer:in und den/die Käufer:in ausgehändigt.
Das Bieterverfahren endet erst mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages. Bis dahin können Gebote entgegengenommen werden. Auch dann, wenn die Verkäuferseite sich bereits für eine/n Käufer:in entschieden hat.
Wie gewinnt man ein Bieterverfahren?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da jedes Bieterverfahren unterschiedlich abläuft. Es kommt letztendlich immer auf das einzelne Objekt, den/die Verkäufer:in und vor allem auf die anderen Mitbietenden an.
Es gibt dennoch ein paar Tipps und Strategien, die das Bieterverfahren und die Entscheidung über das jeweils nächste Gebot erleichtern können.
Grundsätzlich ist es wichtig, sich vorab eine Höchstgrenze zu setzen. Diese sollte sich zum einen an den eigenen finanziellen Möglichkeiten und zum anderen an der Attraktivität der Immobilie orientieren.
Um im Laufe des Verfahrens einen klaren Kopf zu behalten – immerhin geht es beim Hauskauf um viel Geld – kann es hilfreich sein, sich nicht Hals über Kopf in ein einzelnes, spezielles Objekt zu „verlieben“ und es in Gedanken bereits fertig eingerichtet zu haben. Ein gewisser emotionaler Abstand kann helfen, genauer durchdachte Entscheidungen zu treffen.
Des Weiteren kann es von Vorteil sein, wenn die eigene Höchstgrenze eine ungerade Zahl oder Summe darstellt. Die meisten Mitbietenden werden als Grenze eine gerade Zahl im Kopf haben. Mit einer ungeraden Zahl erlangt man einen psychologischen Vorteil und hat ggf. Glück, indem man die Obergrenze des Mitbietenden um einen kleinen Betrag übersteigen kann.
Abhängig vom Verlauf des Bieterverfahrens kann es hilfreich sein, erst einmal abwartend zu agieren und den anderen Teilnehmer des Bieterverfahrens den Vortritt zu lassen. So können nach einer gewissen Zeit bereits einige Bieter ausgestiegen sein und man bekommt die Möglichkeit, ein Gebot ohne allzu große Konkurrenz zu platzieren. Außerdem sieht man so am besten, wie begehrt die Immobilie ist und wie viele andere Parteien mitbieten.
Bei einer anderen Strategie hingegen reagiert man auf das Gebot eines anderen Mitstreiters sofort mit einer nur geringfügig höheren Summe. So wird das Risiko minimiert, zu viel für ein Objekt zu bezahlen und man zeigt allen anderen Beteiligten gegenüber Aufmerksamkeit und Präsenz.
Gibt man direkt zu Beginn des Verfahrens sein maximales Gebot ab, kann dies abschreckend auf andere Mitbietende wirken. Zudem zeigt man Entschlossenheit. Auf der anderen Seite kann es passieren, dass der Kaufpreis für die Immobilie unnötig in die Höhe getrieben wird.
Sollte man die Möglichkeit erhalten, ein etwas höheres Gebot als den Ausgangspreis vor der vereinbarten Besichtigung abzugeben und somit der erste Bieter zu sein, könnte dies ebenfalls eine abschreckende Wirkung auf all diejenigen Kaufinteressent:innen haben, die die Immobilie noch nicht besichtigt haben und ggf. von einem günstigen Kaufpreis ausgegangen sind.
Eine ähnliche, abschreckende Wirkung kann erzielt werden, wenn das erste Gebot, welches man abgibt, deutlich unter dem Ausgangspreis liegt. Andere Mitbietende könnten sich die Frage stellen, ob der Ausgangspreis zu hoch gewählt wurde oder mit dem Haus etwas nicht stimmt. Diese Vorgehensweise birgt allerdings das Risiko, dass die Verkäuferseite verstimmt reagiert und man den Zuschlag für das Haus letztendlich nicht bekommt, obwohl man am Ende des Verfahrens den höchsten Preis geboten hat.
Zuletzt sollte die Tatsache im Hinterkopf bleiben, dass auch der Makler ein eigenes Interesse daran hat, den Kaufpreis so weit wie möglich in die Höhe zu treiben. Es ist also ratsam, dem Makler nicht allzu viel von den eigenen finanziellen Mitteln preiszugeben oder zu viel Emotionalität in Interessensbekundungen zu legen.
Während eines Bieterverfahrens kann viel passieren, da viele Teilnehmer involviert sind, die unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen und auf unterschiedlichen Wegen versuchen, den Zuschlag für eine spezielle Immobilie zu erhalten. Mit dem nötigen Hintergrundwissen über den Prozess an sich und die möglichen Strategien der anderen Teilnehmer ist man für die eigene Teilnahme gewappnet. Und darf hoffentlich schon bald ein schönes Haus in Schweden sein Eigen nennen.
Gastartikel von Wiebke Geib (www.schwedensehnsucht.de)
Schreibe einen Kommentar