Grundlage der sich im mittelalterlichen Schweden entwickelnden Ständeordnung war das Bauerntum. Unter Einflüssen wie der Entwicklung der Monarchie und Christianisierung wie auch Bevölkerungswachstum und Handelsbeziehungen differenzierte sich die schwedische Bevölkerung rechtlich und sozial weiter aus.
Wie im ersten Teil der Betrachtung zur Bevölkerungsdifferenzierung im Mittelalter dargestellt, fiel dem Landbesitz sowie der landwirtschaftlichen Entwicklung in diesem Prozess besonderes Gewicht zu. Daneben wuchs im Mittelalter die Bedeutung des Bergbaus, womit die Entstehung neuer Statusgruppen einherging. Entscheidenden Einfluss auf die entstehende Gesellschaftsordnung hatte, nicht zuletzt, die Verleihung besonderer Privilegien aufgrund besonderer Aufgaben durch die schwedische Krone. An erster Stelle die Abgabenfreiheit. Profiteure waren Geistlichkeit und Adel.
Privilegienbrief von 1281 vollendet die „Freiheit der Kirche“
Bereits im 11. Jahrhundert, der christliche Glaube fasste langsam Fuß im Land der Svear und Götar, räumten schwedische Monarchen einzelnen Bistümern und Klostergemeinschaften Sonderrechte ein. Diese gelten als Basis der weiteren Kirchenorganisation in Schweden, unter dem Vorbehalt, dass diese Annahme nur schwer zu belegen ist.
Die „Kirchensynode von Skänninge“ 1248 stellt sich schon klarer dar und brachte eine klare Trennung von kirchlichem und weltlichem Recht mit sich, führte zur Einführung des kanonischen Kirchenrechts und des Zölibats für Priester. Diesem Meilenstein auf dem Weg der Geistlichkeit zu einer eigenen Statusgruppe folgte 1281 ein großer Privilegienbrief.
Ausgestellt von König Magnus Ladulås (1275 – 1290) sichert das Dokument der Kirche Steuerfreiheit zu. Diese Sonderbehandlung schloss das damalige kirchliche Grundeigentum mit ein, dessen Erträge den Bischöfen zugesprochen wurden. Zudem sprach der Privilegienbrief der Kirche das Recht auf eigene Gerichtsbarkeit sowie auf die Besetzung der Bischofsämter nach eigenem Gusto zu. Somit war die libertas ecclesiae, die Freiheit und Unabhängigkeit besiegelt. Gleichzeitig wurde aus der landbesitzlichen Geistlichkeit ein andliga frälset, ein steuerfreier geistlicher Stand.
Klostergemeinschaften bildeten geistige und wirtschaftliche Zentren
Als eigene soziale Gruppe mit eigenem Recht etablierten sich auch die Klostergemeinschaften im Schweden des Mittelalters. Ab dem 12. Jahrhundert entwickelten sie sich zur geistigen und ethischen Instanz mit erheblicher Bedeutung im Wirtschaftsleben des Landes.
So führten die Zisterzienser in ihren Gründungen wie Alvastra in Östergötland oder Nydala in Småland nicht nur ein Leben des Gebets, der Lesung und Arbeit führten, sondern auch Einfluss – als einer der größten Landbesitzer – auf Landwirtschaft und Bergbau hatte. Der einzige Orden schwedischen Ursprungs, der Birgittenorden, wirkte vor allem im „Sozialwesen“, sorgte sich um Arme, Kranke und Alte. Das von den Birgitten begründete Kloster Vadstena wuchs zum wichtigsten geistlichen Zentrum Schwedens im Spätmittelalter.
Die Franziskaner, die zuerst Klöster in Visby (1233) und Söderköping (1235) gründeten, taten sich nicht nur als Prediger hervor, sondern richteten ihr Augenmerk auf Bildung und brachten unter anderem die Backsteinarchitektur nach Schweden. Ein Beispiel, das zeigt, dass mit den Orden neue Einflüsse vom „europäischen Festland“ nach Schweden schwappten, in kultureller wie wirtschaftlicher Sicht.
Die Bedeutung der Klostergemeinschaften für das geistige Leben zeigt sich darin, dass Klöster auch die ersten Institutionen höherer Bildung waren. Der Einfluss als solche bröckelte allerdings spätestens mit der Gründung der Universität in Uppsala 1477, womit Schweden seine Selbstständigkeitsbestrebungen, den Willen zur Loslösung von Kalmarer Union, gegenüber der dänischen Universität Lund im Speziellen und Dänemark im Allgemeinen unterstrich. Weitere Einbußen als Bildungsstätten mussten Klöster mit der Einführung des Buchdrucks in Schweden hinnehmen – 1483 durch den Lübecker Drucker Johann Snell.
Was für die Geistlichkeit der Privilegienbrief von 1281 ist dem schwedischen Adel das „Statut von Alsnö“ von 1279 – die Festschreibung einer herausgehobenen sozialen Stellung. Damit beschäftigt „Die Bevölkerungsdifferenzierung im Mittelalter“ im dritten Teil.
Autor: Mathias Grohmann – [email protected]
Kommentare
Eine Antwort zu „Schwedens Geschichte: Bauern, Adel, Geistlichkeit – Die Bevölkerungsdifferenzierung im Mittelalter (Teil 2)“
[…] Prozess schließlich doch in der staatlichen Gerichtsbarkeit aufging – und Steuerfreiheit der Geistlichkeit zumindest formal nicht anfocht. War das Verhältnis zwischen Kirche und Königtum während des […]