Die Wahl Gustav Vasas zum König bedeutete das endgültige Ausscheiden aus der Kalmarer Union und die Unabhängigkeit Schwedens, doch nicht das Ende dänischer Begehrlichkeiten. Zudem sah sich der neue Throninhaber einer inneren Opposition sowie einem Schuldenberg gegenüber. Ein Mittel zur Sicherung und zum Ausbau seiner Position – der Position des schwedischen Königtums – fand Gustav I. Vasa in der Reformation in Schweden.
„Reformationsreichstag“ von Västeras 1527 „verstaatlicht“ die Kirche
Möglicherweise fasste Gustav Vasa die Reformation der schwedischen Kirche schon vor seiner Thronbesteigung ins Auge. Zumindest machte er sich früh ans Werk die Lehre Martin Luthers in Schweden durchzusetzen – zum Vorteil eines starken Staates und seiner eigenen Position.
Der „Reformationsreichstag“ von Västerås 1527 bedeutete die Loslösung von Rom und die Nationalisierung der schwedischen Kirche, in Teilen einer „Verstaatlichung“ der Kirche. Besonders in Bezug auf deren materiellen Besitz. Der Reichstag von Västerås berechtigte reformatorisch eingestellte Geistliche, wie die Protagonisten Olaus Petri und Laurentius Andreae, zur Verbreitung ihrer Anschauung. Dem König waren die theologischen Fragen weniger bedeutsam, ihm lag besonders am Zugriff auf die Kirchengüter.
Königliche Einkünfte durch Säkularisation kirchlicher Güter
Im Zuge des „Reformationsreichstages“ konnte Gustav I. durch die Einziehung der Kirchengüter seine Position festigen und gleichzeitig den Handlungsspielraum des Staates vergrößern.
Zum einen baute der König seine Stellung gegenüber dem Adel aus. Die allgemeine Säkularisation der kirchlichen Güter bescherte ihm die Hoheit über zwei Drittel des schwedischen Grundbesitzes. Der Adel verfügte über ein Drittel. Zwar kam es durch die rigorose „Plünderung“ der Kirche zu Aufständen in Dalarna und Småland. Doch konnten diese niedergeschlagen werden. Unter anderem auch mithilfe der Einkünfte der zusätzlichen Ländereien.
Zum anderen konnte sich Gustav Vasa mittels neuer Einkünfte den Aufbau einer königlichen Verwaltung, eines stehenden Heeres und einer Kriegsflotte angehen. Gleichzeitig gelang es sich von der Schuldenlast zu befreien, die während der Kämpfe um die Unabhängigkeit beträchtlich angewachsen war. Vor allem bei der Hanse stand Schweden in der Kreide. Die hansischen Kreditgeber, insbesondere Lübeck, wiederum wussten diese Abhängigkeit des Königreichs für sich zu nutzen.
Am Beispiel der Schuldentilgung zeigt sich, dass König Gustav wenig Rücksicht nahm. So ließ er 1530 die jeweils größte Glocke jeder Gemeinde beschlagnahmen (bzw. den Wert in Silber eintreiben), um die Gläubiger zu bezahlen. Wenig später erwuchs ihm daraus der Glockenaufstand von Dalarna.
Reformation ändert Verhältnis zwischen König und Geistlichkeit
Dass es dem König in erster Linie um den materiellen Besitz der Kirche ging, zeigt sich auch daran, dass er Privilegien wie Eigengerichtsbarkeit – die nach einem längeren Prozess schließlich doch in der staatlichen Gerichtsbarkeit aufging – und Steuerfreiheit der Geistlichkeit zumindest formal nicht anfocht. War das Verhältnis zwischen Kirche und Königtum während des Mittelalters von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt, veränderte es sich mit der Reformation in Schweden zugunsten der Staatsmacht.
Der Staat zog fortan den Kirchenzehnten ein. Hohe kirchliche Würdenträger und ab 1561 auch die Pastoren wurden nun vom König ernannt. Ausnahme bildete der Erzbischof, der die apostolische Sukzession fortführen sollte. Die übrige Kirchenorganisation blieb zunächst erhalten.
Erst ab dem frühen 17. Jahrhundert versuchte die Krone, eine kirchliche Zentralorganisation unter staatlicher Obhut zu formen.
Schwedische Bibelübersetzung ging 1541 in Druck
Aus theologischer Sicht wurde die Reformation in Schweden durch die Einsetzung reformationsfreundlicher Bischöfe vorangetrieben. 1531 ernannte der König Laurentius Petri, den Bruder Olaus Petris, zum Erzbischof von Uppsala. Zu dessen Wirken gehört unter anderem die Leitung der Arbeiten an der schwedischen Bibelübersetzung. Vollständig fertiggestellt ging diese 1541 erstmals in Druck. Zudem bestimmte Petris Kirchenordnung von 1571 mit der Definition des Verhältnisses von Staat und Kirche und mit der endgültigen Bestätigung durch die Kirchensynode zu Uppsala 1593 für mehr als ein Jahrhundert das kirchliche Leben im Königreich. Auf der Kirchensynode wurde zugleich das Augsburger Bekenntnis von 1530 zur bindenden theologischen Grundlage für die schwedisch-lutherische Kirche erklärt.
Die Reformation in Schweden war nicht nur eine Grundlage für den Aufstieg der Vasa-Dynastie. Sie bedeutet auch eine Basis für den schwedischen Nationalstaat.
Die Spaltung Schwedens, die Unionszeit und Unabhängigkeit hervorriefen war jedoch noch nicht aufgehoben. Zudem war immer noch das angespannte Verhältnis zu Dänemark.
Autor: Mathias Grohmann – [email protected]