Nordschweden nimmt mehr als die Hälfte der Fläche Schwedens ein, es wohnt jedoch nur ein Neuntel der Einwohner dort. Dementsprechend menschenleer kommt es einem vor, wenn man als deutscher Großstadtbewohner das erste Mal durch Norrland, wie dieser Landstrich von den Schweden genannt wird, reist. Doch genau das macht auch die Faszination aus: die teilweise unberührte Natur, ungezähmte Rauheit der Landschaft und die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt, die der durchschnittliche Mitteleuropäer nur aus dem Tierpark kennt. Wölfe, Bären, Luchse, Vielfraße und natürlich Elche bewohnen die tiefen Wäldern und schier endlosen Hochmoore, die sich über 1.100 km Süd-Nord-Ausrichtung erstrecken. Stromschnellen und riesige Seen laden zum Fischen und Kanu- oder Wildwasserfahren ein, Lachse und Forellen bevölkern die Gewässer in großer Zahl, das Wasser ist kristallklar und trinkwasserrein. Wer wandern, bergsteigen oder Skilaufen will, findet sein Revier in den gewaltigen Gebirgsmassiven und Bergketten; Schweden hat ein ausgezeichnetes Wintersportangebot. Schneescooter oder Fahrrad fahren, Fahrten im Hunde- oder Rentierschlitten, Bootstouren mit dem Eisbrecher die Möglichkeiten sind unbegrenzt.
Am besten erfährt man die enorme Größe und erhabene Schönheit Norrlands, wenn man mit dem Pkw auf der Autobahn E4 von Stockholm in Richtung Polarkreis unterwegs ist. Die Fahrt in nördlicher Richtung, vorbei an der alten Universitätsstadt Uppsala nach Gävle, dann weiter entlang der Küste in die Gegend, die auch “Höga Kusten” genannt wird, ist für sich schon ein besonderes Erlebnis. Historische Südgrenze im heutigen Schweden ist Ödmården ein großes Waldgebiet zwischen Gästrikland und Hälsingland. Die Straße ist gut ausgebaut, mit Rastplätzen und Tankstellen und über weite Strecken einspurig, da der eher spärliche Autoverkehr trotzdem ein gutes Vorankommen ermöglicht. Die Höchstgeschwindigkeitsgrenze liegt in Schweden übrigens bei 110km, Hinweisschilder warnen vor Kontrollen und Geschwindigkeitsmessungen. Liegenbleiben wegen Benzinmangels, Schäden am PKW oder Unfällen sollte man unbedingt vermeiden, denn es könnte eine Weile dauern, bis mal wieder jemand vorbeikommt und ein Handynetz nicht immer verfügbar ist.
Neben dem Linafall und dem Jockfall gibt es an Sehenswertem u. a. die Eisenerzgrube in Kiruna, das Eishotel in Jukkasjärvi, Dundret in Gällivare, das Sami-Museum in Jokkmokk, Storforsen in Älvsbyn, Elchpark in Vittangi und der Kukkolaforsen am Tornefluss.
Will man nicht so weit hinauf in den Norden, empfiehlt es sich die Städte Lycksele und die Birkenstadt Umeå zu besuchen; beide befinden sich eher süd-östlich in im Län Västerbotten. Umeå ist eine kleine saubere Universitätsstadt und liegt am Fluß Umeälv, der hier in den Bottnischen Meerbusen fließt. Die Küstennähe bietet den Besuchern einen maritimen Flair und die Mitternachtssonne verleiht der Stadt ein wunderbares Farbenspiel in den Abendstunden.
Verbunden werden die beiden Städte durch die wunderschöne Landstraße Blå vägen E12 (Blauer Weg, wegen der Nähe zum Fluss Vindel, der sich immer entlang der Strasse entlang schlängelt). In Mårdsele gibt es tolle Stromschnellen zu sehen, man kann auf einer Hängebrücke über den Fluss spazieren bis zu einer Insel in der Flussmitte und durch den wunderschönen urwüchsigen Wald wandern.
Mårdselforsen Naturreservat
Die Straße von Umeå über Vännäs ist die so genannte Kunststraße mit Kunstwerken verschiedener internationaler Künstler. Die Stadt Lycksele ist einen Besuch wert (von Bjurholm auf der Strasse 353) etwa eine Stunde Autofahrt, denn sie befindet sich schon an der Grenze zu Samiland und bietet dem Besucher das interessante Museum Gammplatsen, wo man anschaulich alles zum Bau- und Lebensstil der Samen sowie zur ursprünglichen Kultur der Schweden und Sami lernen kann. Der Tierpark von Lycksele beherbergt so gut wie alle schwedischen Tiere, auch Wölfe und Bären, und es ist allemal besser, man trifft sie hier, als beim Campen.
Persönlich empfehle ich, ein kleines Ferienhaus an einem See oder Fluss zu mieten und Tagesausflüge mit dem Auto zu unternehmen. Im Juli ist es zwar am wärmsten und wahrscheinlich scheint die Sonne häufiger, doch im August gibt es Blau-; Him- und Moltebeeren sowie Pilze in Hülle und Fülle, dafür weniger Mücken. Für Familien mit Kindern ist ein Besuch der Elchfarm in Bjurholm ein Muss, wo man alle Produkte der schwedischen Wappentiere erwerben kann und so nah wie sonst nie am die sonst sehr scheuen Waldbewohner herantreten darf.
Einsamkeit
Recht ruhig und einsam ist es in Nordschweden und nicht jeder von uns könnte mit der Stille und Einsamkeit umgehen. Der nächste Nachbar ist oftmals mehrere 100 Meter, wenn nicht sogar bis zu einigen Kilometern, entfernt. An manchen Tagen wird es im Winter erst gar nicht hell und im Sommer geht die Sonne nicht unter.
Polarlicht
Es ist ein unglaubliches Naturspektakel, eine einzigartige Farbpracht von violetten, roten, grünen, gelben und weißen Lichtern, die sich am dunklen Himmel präsentiert.
Die Umkehrung des Polarlichts ist die Mitternachtssonne. Die Sonne geht hierbei nicht hinter dem Horizont unter. Dies ist im Sommer der Fall, nördlich des Polarkreises wird es einige Monate lang nicht dunkel.
Weiterführende Links:
- Einsamkeit in Nordschweden
- Familienurlaub in Nordschweden
- Lycksele
- Mitternachtssonne und Polarlicht
- Umeå
- Älgens Hus
(Autor: Uta Schwarz)
Kommentare
Eine Antwort zu „Norrland / Nordschweden – Europas letzte Wildnis“
[…] – oder Norrland – umfasst 58 Prozent der gesamten Fläche Schwedens. Doch es leben hier gerade mal 17 Prozent […]