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Lapplandwinter – Eine Ode ans Licht

Morgenstimmung in Övertorneå; Foto: Henrik Jonsson
Morgenstimmung in Övertorneå; Foto: Henrik Jonsson

„Im Winter nach Lappland? Bist du verrückt?!?“ – die einstimmige Reaktion meiner Freunde, als ich verkündete, für unbekannte Zeit in den Norden Schwedens zu gehen. Die meisten Mitteleuropäer können die Bedenken meiner Freunde sicher nachvollziehen. Die Gegend oberhalb des Polarkreises versinkt im Winter in eine sechs Monate dauernde Düsternis, welche die dort lebenden Menschen nur mit beachtlichen Mengen Alkohol ertragen können. Das ist bekannt. Oder? Nun, ich bin seit November letzten Jahres hier und wenn es eins am lappländischen Winter gibt, das ich zu lieben gelernt habe, dann: das Licht.

sonnenauf- oder sonnenuntergang
Anfang Dezember auf dem Solberg bei Nattavaara; Foto: Silke Gersdorf

Natürlich, je weiter nördlich man im Winter reist, desto kürzer werden die Tage. Richtig ist auch, dass es die Sonne oberhalb des Polarkreises um die Wintersonnenwende am 21. Dezember herum einen Monat lang nicht über den Horizont schafft: Polarnacht nennt man diese Zeit. Ein Begriff, der in die Irre führt. Zwar ist die Sonne selbst, sprich der gelb-orange Ball über dem Horizont nicht zu sehen ist, ihr Licht ist es wohl. Und was für eines! An klaren Tagen – und diese sind in diesen Breitengraden im Winter weitaus häufiger als bewölkte – ist die Polar-“Nacht“ in Wirklichkeit ein in die Länge gezogener Sonnenaufgang, der fast übergangslos in einem Sonnenuntergang mündet, eine stundenlange Farbexplosion in Gelb, Orange, Rosa, Rot und Violett. Dazwischen spannt sich pastellblauer Himmel in sanfter, unaufdringlicher Helligkeit.

Anfang Dezember auf dem Solberg bei Nattavaara; Foto: Silke Gersdorf
Anfang Dezember auf dem Solberg bei Nattavaara; Foto: Silke Gersdorf

Überhaupt, der Himmel. Er wirkt hier tiefer als im Süden, näher, so als könnte man ihn mit der Hand berühren, wenn man sich nur weit genug streckte. Und gewölbter ist er auch, irgendwie. Man meint zu sehen, dass die Erde rund ist. Und man selbst befindet sich an ihrem flachen Ende, an dessen Rändern der Himmel den Boden berührt. Die Welt hinter dem Horizont ist weit weg, die Welt aus der man gekommen ist, die Welt mit ihrer grellen Sonne, die man sich schon nicht mehr vorstellen kann und die man auch irgendwie gar nicht vermisst. Dass hier alles langsamer zugeht als weiter im Süden, liegt vielleicht auch am wenigen Licht. In einem Land, in dem die Tageszeiten ad absurdum geführt sind, hat eben auch die Zeit an sich eine andere Bedeutung.

Mitte Januar ist die Sonne dann bereits wieder – wenn auch kurz – zu sehen, die Tage werden länger, viel schneller, als wir das in Mitteleuropa gewohnt sind. Im Schnitt gewinnen die „Polarschweden“ vier Minuten jeden Tag, so lange, bis Ende Mai die Sonne für anderthalb Monate überhaupt nicht mehr untergeht: Mitternachtssonne, immerwährender Tag! Wer das einmal erlebt hat, vergisst es so schnell nicht wieder. Trotz der Mückenstiche. Mathematisch betrachtet, sprich, rechnet man die Sonnentage übers Jahr zusammen, hat das nördliche Schweden mehr Licht als Deutschland.

perlmuttwolken
Perlmuttwolken am Himmel über Kiruna; Foto: Silke Gersdorf

Und das Sonnenlicht ist längst nicht das einzige winterliche Lichtspektakel im hohen Norden. Hat der Himmelsbetrachter Glück, bekommt er Perlmuttwolken zu Gesicht, gleißend weiße, rundliche Wolkenformationen, die mit ihren schimmernden Rändern an Perlmuttmuscheln erinnern. Gewöhnliche Wasser-Wolken bilden sich in der Troposphäre, Perlmuttwolken sehr viel höher, in der Stratosphäre, wenn das Licht der tief stehenden Sonne von gefrorenen (Schwefel-) Säuretropfen reflektiert wird. -78 Grad C sind dazu mindestens erforderlich und so kalt wird es auch so weit über der Erde nun einmal bloß in Polnähe.

Viel Text über Nord-Licht und bisher kein Wort über das eigentliche, die Hauptattraktion der Gegend, das Licht, für das jedes Jahr Ströme von Touristen anreisen und Kälte und (vermeintliche) Dunkelheit auf sich nehmen. Aber ihrer Majestät Aurora Borealis, der Königin der nördlichen Himmelslichter möchte ich lieber mit einem eigenen Artikel gerecht werden.

Wer sich nach der Lektüre des Textes und der Betrachtung der Bilder nun aber mit eigenen Augen von Gegenteil der immerwährenden Dunkelheit überzeugen will, mental gar bereits die Koffer packt, sei gewarnt: Lapplands Winterlicht ist verseucht: mit dem Polarvirus. Wer sich einmal angesteckt hat, kommt wieder.

Ich weiß, wovon ich spreche.

Autor(in): Silke Gersdorf – [email protected]

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