Die Samen, oder auch Sami oder Sapmi – wie sie sich selbst bezeichnen – sind die Ureinwohner Nordskandinaviens. Sie leben nicht nur in Lappland, wie man häufig meint, ihr Siedlungsgebiet umfasst den Norden Schwedens, Norwegens, Finnlands, Russlands sowie der Ukraine und reicht in Schweden südlich bis nach Dalarna in der Gemeinde Idre. Früher war noch der Begriff Lappen für die Samen gebräuchlich, heute wird diese Bezeichnung jedoch als herabschätzend, ja fast schon als Schimpfwort betrachtet.
Die Samen sind zwar Bürger der skandinavischen Staaten, sie betrachten sich jedoch als ein eigenes Volk mit einer eigenen Flagge und einer eigenen samischen Sprache. Ihre Sprache gehört zur Familie der uralischen Sprachen und ist mit dem Finnischen und Ungarischen verwandt. Die Flagge symbolisiert die traditionellen Farben der Sami. Der Hintergrund besteht aus farbigen Streifen in unterschiedlichen Breiten, von links nach rechts in den Farben rot, grün, gelb und blau und in der Mitte befindet sich ein Kreis, halb rot, halb blau, wobei der rote Teil die Sonne und der blaue den Mond symbolisieren.
Was sind denn nun die Sami, woher stammen sie und wie leben sie? Schon in ihrem Erscheinungsbild unterscheiden sie sich deutlich von den Europäern und auch von den Skandinaviern selbst. Vor allem fällt auf, dass sie doch sehr klein sind. Man ist sich jedoch nicht einig darüber, wo sie eigentlich herkommen. Wanderten sie nach der Eiszeit von Asien nach Skandinavien ein? Sie haben viele Ähnlichkeiten mit den Ostasiaten, wie z.B. die Mongolenfalte, aber genau bestätigt ist diese Theorie der Abstammung nicht.
Aufgrund von Felszeichnungen und Funden weiß man, dass schon in der Steinzeit Menschen als Jäger, Sammler und Fischer im Norden Skandinaviens ansässig waren. Auch weiß man, dass sie schon sehr früh mit dem Domestizieren von Rentieren begannen. Erste Konflikte gab es im Mittelalter mit den Wikingern. Anschließend versuchten die nordeuropäischen Staaten die Sami zu unterwerfen. Alle versuchten von den Samen Steuern einzutreiben. Man hat zu diesem Zweck das Land der Samen in sogenannte Lappmarken eingeteilt. Ein weiteres Ziel war die Missionierung der Samen. Immer mehr wurde ihr Land von den angrenzenden Nationen erobert.
Es gab dreierlei Gruppen von Samen. Die Bauern-Samen waren in der Landwirtschaft tätig, die See-Samen lebten vom Fischfang und die „Fjällsamen“, die Samen, die in den Bergen lebten, jagten die damals noch wilden Rentiere. Immer mehr wurden die Rentiere von den Samen domestiziert, heute gibt es keine wilden Rentiere mehr. Die Rentiere sind eng mit dem Leben der Samen verbunden, die Rentierhaltung ist die Lebensgrundlage der Samen.
Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde der Eingriff durch die skandinavischen Staaten auf die lappländische Urbevölkerung immer stärker, die Staaten führten in mehreren Regionen Märkte ein, die zur Steuererhebung und auch als Gerichtsorte dienten. So entstand auch der berühmte Wintermarkt in Jokkmokk. Die Missionierung der Samen ging weiter voran und der Staat richtete sogenannte „Lappendörfer“ (Katen) ein, um so die ursprünglichen Sippenverbünde zu ersetzen. Zum Teil ging es soweit, dass Samen sogar fast schon als Sklaven gehalten wurden. Schließlich wurden die Jagdrechte der Samen eingeschränkt und 1888 begann man mit dem Abbau von Eisenerz und dem Bau der Erzbahn von Luleå nach Narvik. Industrie und Tourismus breiteten sich immer mehr aus und die Lebensbedingungen der Sami wurden immer schlechter. Der Raum für die Rentierzucht wurde mehr und mehr eingeschränkt. Auch die Einrichtung der Nationalparks wirkte sich negativ auf die Lebensweise der Sami aus.
Man betrachtete die Sami als minderwertiges Volk und sah es als gerechtfertigt an, sie zu bevormunden. Das ging so weit, dass man sogenannte „Nomadenschulen“ einrichtete, um die Kinder der Sami auf niedriger Stufe zu unterrichten. Ihre eigene Sprache wurde den Sami verboten.
Allmählich begannen die Sami jedoch, sich zu wehren und sich für ihre Rechte einzusetzen. Elsa Laula erreichte die Einberufung einer ersten Sami-Konferenz im Jahre 1917 in Trondheim. Hier trafen sich die Sami von Schweden, Norwegen und Finnland, um ihre Situation zu verbessern. Aber es dauerte noch einige Zeit, bis sie ihre Rechte verwirklicht sahen. Allmählich wurde ihre Sprache als solche anerkannt, 1952 wurde der erste Radiosender auf Samisch gegründet und 1956 bildete sich der Samenrat als politische Interessensvertretung der Samen aus Norwegen, Schweden und Finnland. Aber erst 1960 wurden die Kultur und die Rechte der Samen in Norwegen offiziell anerkannt, Samisch wurde von nun an in den Schulen unterrichtet. Die anderen Staaten zogen nach und gewährten den Sami mehr und mehr Rechte. Heute gibt es ein länderübergreifendes Parlament, den „Sameting“, das allerdings keine wirklich große Bedeutung hat. Und jedes Land verfügt über ein eigenes Sami-Parlament mit unterschiedlichen Rechten.
Aber trotz der Verbesserungen, sahen sich gerade die Rentierzüchter weiterhin mit Problemen konfrontiert. Immer wieder gab es Einschränkungen ihrer Weidegebiete. Nach der Katastrophe von Tschernobyl wurden riesige Rentierherden radioaktiv verseucht, aber eine Entschädigung dafür bekamen die Samen nie. Erst in jüngster Zeit versucht man, Sprache und Kultur der Samen zu stärken und sie für Unterdrückung und Schäden zu entschädigen.
Tradition und Kultur der Sami haben heutzutage auch das Interesse von Touristen und Besuchern Lapplands erweckt. So wird überall in Lappland das Kunsthandwerk der Sami angeboten. Auffallend ist die traditionelle, farbenfrohe Kleidung der Sami. In Lappland kann man spezielle Dörfer, Museen und Einrichtungen der Sapmi besuchen und sich über deren Lebensweise informieren. Im Winter werden von den Sami Schlittenfahrten mit Rentieren oder Huskytouren angeboten. Auch interessiert man sich für ihre typischen Speisen wie getrocknetes Rentierfleisch oder Fladenbrot sowie für ihren traditionellen Gesang, den Joik, eine Art Mischung aus Jodeln und indianischem Gesang. Ein besonderes Ereignis, um die Kultur und Tradition der Sami kennenzulernen ist der alljährlich Anfang Februar in Jokkmokk stattfindende Wintermarkt.
Trotzdem sind die Sami eine Minderheit in ihrem eigenen Land. Die meisten sind heute in modernen Berufen tätig und viele leben vom Tourismus. Und auch wenn das Rentier mit der samischen Kultur eng verbunden ist, so arbeiten heute nur noch ca. 15 % in der Rentierzucht.
Doch die Sami sind stolz auf ihre Kultur und ihre Tradition und das zeigen sie auch deutlich. Sie leben jedoch nicht zurückgezogen und primitiv, sondern nehmen am modernen Leben Skandinaviens teil. Sie sind gebildet und fortschrittlich. Es gibt auch berühmte Persönlichkeiten samischer Herkunft, wie zum Beispiel die erfolgreiche Skiläuferin Anja Pärson.
Autorin: Heide – [email protected]