Ångermanland – mit etwas Fantasie liegt die Provinz wie ein Dreieck in Schwedens Norden. Weit zieht sich das Land hin zur Fjällregion. In entgegengesetzter Richtung treffen die Wellen des Bottnischen Meerbusen auf eine zerfurchte Küste mit ihren großen und kleinen Buchten, die namensgebend für den Landstrich sind. Besonders beeindruckend ist die südliche Küstenregion Ångermanlands.
Die norrländische Provinz Ångermanland in erstreckt sich zwischen Medelpad im Süden und Västerbotten im Norden. Ein Zipfel der Provinz schneidet sich tief Richtung Westen, die Grenze zu Norwegen ist fast in Sichtweite. Oder das Bild des Dreiecks beibehaltend, ein Winkel des rund 20.000 km² großen Stückchens Schweden trennt Jämtland im Südwesten von Lappland im Nordwesten. Im Osten zeigt sich die Küstenlinie geprägt von Inseln und Schären, Buchten, die mal mehr mal weniger tief ins Land reichen und Ångermanland zum Namen verhalfen: „Angermannaland“ ist die altschwedische Bezeichnung des Landstrichs, abgeleitet von „anger“, was sich mit Bucht oder Fjord übersetzen lässt.
Welterbe „Hohe Küste“
Womöglich nicht so aufregend wie heute, auf jeden Fall ein ganz anderes Gesicht zeigte die Küste, als die ersten Menschen vor rund 8.000 Jahren sich in dieser (noch namenlosen) Landschaft ansiedelten. Der Meeresspiegel war zu jener Zeit etwa 250 Meter höher als heute. Noch drückte der Eispanzer das Skandinavien nach unten. So wie das Eis abschmolz, hob sich die Landmasse. Ein Prozess, der heute noch beobachtet wird – 8 mm pro Jahr – und Ångermanland etwas Einmaliges bescherte: die Höga Kusten, mit 285 Metern, die größte isostatische Bodenhebung der Erde. Eindrucksvoll zutage tritt Landhebung im Skuleskogen Nationalpark, in Form der 200 Meter langen, 40 Meter hohen und 7 Meter breiten Schlucht, der Slåttdalsskrevan.
Seit 2000 ist die „Hohe Küste“ Unesco-Welterbe. Wie als Vorbereitung auf diese faszinierende Landschaft spannt sich die mit fast 1,9 km Länge und einer Pylonhöhe von über 180 m zu den weltweit größten Hängebrücken zählende Höga-Kusten-Brücke über den Ängermanälven.
Neben der Höga Kusten zeichnen Moor- und Heidelandschaft und grüne Bergketten, in deren Tälern zahlreiche, meist lang gestreckte Seen ruhen. Mit nur 3 km Breite, aber 40 km Länge ist der Tåsjön der längste dieser Seen. Insgesamt sind es wohl über 3.000 Seen und rund 8.000 km fließende Gewässer, das größte davon der Ängermanälven, dessen Lauf durch die Provinz führt.
Ångermanland sehen und erleben
Dort wo der Strom seine Reise durch Ångermanland bereits beendet hat, begrüßt die Provinz aus Süden kommende Besucher mit Härnösand, einer alten, etwa 30.000 Einwohner zählenden Schulstadt und Bischofsresidenz. Zum Verweilen laden neben Dom und neoklassizistischem Rathaus das Länsmuseum Västernorrland, das Freilichtmuseum Murburget und die „alte Holzstadt“ an der Östanbäcksgatan ein.
Von Härnösand den Weg des Ängermanälven aufwärts folgend wird in der Gemeinde Sollefteå die frühe Geschichte der Region sichtbar. Bei Näsåker und Nämforsen wurde eine steinzeitliche Siedlung wieder aufgebaut und haben sich die frühen Bewohner mit einer großen Zahl Felszeichnungen verewigt. Zudem sind in Ångermanland mehrere Grabhügel aus der Eisenzeit erhalten. Weiter im Norden wartet Junsele mit weißen Tigern im Zoo und einem Abenteuerdorf auf. Hier rücken langsam samisches Leben und die Nähe Lapplands ins Blickfeld.
Zurück zur Küste: Während die fruchtbaren Böden am Ängermanälven landwirtschaftlich genutzt werden, zeigt sich in Örnsköldsvik, dem Zentrum der Provinz, dass Ångermanland nicht nur Natur, sondern auch Industrie ist. Säge-und Zellstoffindustrie sind die wichtigsten Wirtschaftszweige.
Nicht zu vergessen die Fischerei als Erwerbsquelle. Dabei können Besucher der zahlreichen Fischerdörfer eine besondere Delikatesse kennenlernen: surströmming. Die streitbare „Fischspezialität“ hat ihrenUrsprung in Ångermanland, genauer gesagt auf der Insel Ulvön.
Autor(in): Mathias Grohmann – [email protected]