Vorhang auf! Schwedisches Kindertheater
Schwedische Kinderliteratur ist weltberühmt und auch ihre kleine Schwester, das schwedische Kindertheater hat sich einen Namen gemacht. Dies hat zwei Gründe: Einmal bietet es sich natürlich an, den Stoff bekannter Kinderbücher auch zu Theaterstücken zu machen. Die Begeisterung an Geschichten wie Pippi Langstrumpf und Karlsson vom Dach ist ungebrochen groß und somit auch das Interesse diese, nachdem man sie gelesen hat, als Inszenierung auf der Bühne zu sehen. Schwedisches Kindertheater hat also den Vorteil auf ein umfangreiches Stoffrepertoire vieler literarischer Vorlagen zurückgreifen zu können.
Hinzu kommt, dass das schwedisches Kultusministerium ein Gesetz erlassen hat, dass jedes Schulkind in Schweden Recht darauf hat, zweimal im Schuljahr ein Theaterstück ansehen zu dürfen. Um dies zu ermöglichen, werden Kindertheaterhäuser in Schweden staatlich bezuschusst. Traumhafte Verhältnisse also, wenn man sich vor Augen hält, dass immer mehr deutsche Kindertheaterhäuser geschlossen werden, oder um die nackte Existenz kämpfen müssen.Kindertheater hat also in Schweden einen ganz anderen Stellenwert, und so konnte sich dort eine ganz eigene Kunstform herausbilden, die führend ist im europäischen Vergleich.
Neben der Inszenierung der bekannten skandinavischen Klassiker wie Pippi Langstrumpf oder den Märchen von Hans Christian Andersen wurden auch neue Stücke inszeniert, die extra fürs Theater geschrieben wurden. Diese moderneren Geschichten spielen in der Gegenwart und behandeln oftmals heikle Themen, wie sie nun in der Alltagsrealität schwedischer Kinder leider oftmals vorkommen, wie zum Beispiel die Alkoholsucht eines Elternteiles, Scheidung der Eltern, Tod der Großeltern, Mobbing, Einsamkeit, Schulprobleme oder Probleme mit Gleichaltrigen. Hier steht also ganz klar eine pädagogische Botschaft im Vordergrund. Das einzelne Kind im Publikum soll sich mit der kindlichen Hauptfigur identifizieren können und erkennen, ich bin nicht alleine mit meinen Problemen und auch nicht schuld daran. Der Verlauf des Stückes soll dem Kind Möglichkeiten und Denkanstöße zum Umgang und der Verarbeitung solcher Probleme geben. Natürlich sind solche Stücke eher für ältere Kinder gedacht, im Alter zwischen acht bis zehn. Bei den Stücken für jüngere im Alter zwischen 3 bis 6 stehen eher die klassischen Märchenadaptionen im Vordergrund. Aber auch hier werden pädagogische Ideen umgesetzt. Das beste Beispiel hierfür ist der offene Bühnenraum, der in Kindertheatern von heute nicht mehr klar vom Zuschauerraum abgegrenzt ist. Was ursprünglich auch aus Platzgründen entstanden ist, soll gleichzeitig die Kinder stärker in die Geschichte einbinden. So gibt es oftmals auch keinen Vorhang mehr, bei Szenenwechsel werden Requisiten wie Wände einfach umgedreht, Darsteller wechseln ihre Kostüme auf der Bühne. So wird Theater für Kinder erfahrbar, es entsteht der Aha-Effekt, so machen die das also. Damit wird das Kind nach und nach an das Erwachsenentheater herangeführt. Gleichzeitig soll durch ein Minimum an wandelbaren Requisiten und schlichten aber effektvollen Mitteln die Fantasie des Kindes angeregt werden.
Autor(in): Beate – [email protected]