Schweden oder Mississippi? – Tatsächlich: Schweden. Daniel Norgren spielt den Blues, als wäre er direkt aus dem US-Bundesstaate gekommen. Als Solokünstler 2007 begonnen, tritt er mittlerweile gemeinsam mit seinem Kollegen Anders Grahn auf. Eine Gitarre und ein Kontrabass. Zuweilen spielt Daniel parallel ein kleines Schlagzeug, das er nur mit den Füßen bedient, gelegentlich begleitet Pelle Nyhage seine Kollegen an der Orgel.
Erst einmal Schuhe ausziehen. Im sitzen und Barfuß spielt es sich für den Folk-Blueser scheinbar am besten. Vielleicht gibt es ihm so ein besseres Gefühl von Erdung. Und dass er absolut geerdet und fest verwurzelt mit der Musik und dem Publik in dem Moment, indem er spielt, ist, wird den Anwesenden sofort bewusst.
Die wahre Körpergröße des beinahe zwei Meter großen Musikers bleibt dem Publikum während des Auftrittes verborgen. Entspannt und ein wenig introvertiert sitzt er auf der Bühne und macht sich etwas kleiner, als er in Wirklichkeit ist. Als wären sie direkt aus dem Trucker gestiegen, sehen die beiden Kollegen mit ihren Kappen, und vor allem Anders Grahn in seinem Karohemd aus.
Am Pfingstwochenende trat Daniel Norgren beim Orange Blossom Special Festival in Beverungen auf. Trotz des Dauerregens ist der Zuschauerraum gefüllt. Das Duett hypnotisiert mit seiner Musik, lässt den Regen verschwinden. Anbei: Für Interessierte von noch relativ unbekannten schwedischen Künstlern aus dem Bereiche Folk, Indie: Das Orange Blossom Special ist wärmstens zu empfehlen. Nicht selten treten hier Künstler der skandinavischen Länder auf und bieten eine wunderbare Alternative zu den gängigen Mainstream-Indie-Bands aus Schweden.
Daniel Norgren ist einer von ihnen. Geboren 1983 in Borås bringt er sich als Jugendlicher selber das Gitarrespielen bei. Dem Instrument, das ihm sein Vater schenkt, fehlen sogar zwei Seiten.
Mitunter erinnert Daniels Stimme an The tallest man on earth. Die beiden aber musikalisch unter einen Hut zu stellen, würde der Individualität beider Musiker nicht gerecht werden. Während The tallest man on earth ein dreckiger Folk-Charakter auszeichnt, domiert bei Daniel Norgren ein schlichter Blues. Dennoch überrascht es auch nicht, dass Norgren im Vorjahr als Vorgruppe des kleinsten Mannes der Welt auftritt.
Nun ist Daniel Norgren auf eigen Faust unterwegs und es bietet sich glücklicher Weise die Möglichkeit, auch im mitteleuropäischen Raum in den Genuss des schwedischen Blues zu kommen, so zum Beispiel in Süddeutschland beim Umsonst und draußen Festival vom 20-23. Juni in Würzburg .
Er stellt sein neues Album Buck vor. Diese Platte ist so gut, dass es schwer fällt, sie in Worten zu beschreiben. Deswegen wird an dieser Stelle einfach nur empfohlen, sie sich anzuhören und sich ein eigenes Bild zu machen.
Genau wie bei seinem Auftritt bekommt man das Gefühl, Daniel Norgren ist in dem Moment ganz für sich und vergisst den Regen und das Publikum um sich herum. Das häufige spielerische Kokettieren mit dem Publikum hat er nicht nötig. Mit schlichter Eleganz gewinnt er auch ohne große Worte die Sympathie der Zuhörerschaft, die sich gedanklich vielleicht schon auf einer endlosen Landstraße im Auto, hinein ins Niemandsland befindet.
Zum Ende des Konzerts spricht Norgren einen kurzen freundlich, bescheidenen Dank aus, nimmt seine Schuhe in die Hand und verlässt die Bühne.
Autor(in): Karsten Piel – [email protected]