Im Frühling sind es nun fast sechs Jahre, die ich auf diesen Moment gewartet habe!
Ich bin nach Stockholm gezogen und bereue es seither keinen Augenblick. Ich habe meinen Freund 2005 in Finnland kennen- und lieben gelernt und seither war immer klar, eines Tages wird die Zeit kommen, wo wir endlich ein Leben zusammen führen können. Dass dies allerdings so viele Jahre später sein würde, hatte damals niemand von uns gedacht. Immer kam irgendetwas dazwischen, was uns an einer gemeinsamen Zukunft hinderte. Erst waren es die Studien, die beide von uns beenden wollten, dann mein zweites Staatsexamen, die Arbeit meines Freundes und letztendlich familiäre Ereignisse, die das ganze Geschehen in die Ferne rücken ließen.
Und nun, ganz plötzlich, sitze ich hier und schreibe aus einem anderen Land. Ich habe es also geschafft! Meine Arbeit ist gekündigt, meine Wohnung habe ich aufgegeben, alle Habseligkeiten sind in Kisten verpackt worden und ich bin mit einem lachenden und einem weinenden Auge in ein neues Leben gestartet.
Und wahrhaftig kann man sagen, es ist ein völlig neues Leben. Mein Partner und ich haben plötzlich einen Alltag, auf den wir so lange gewartet haben. Ich genieße die neu gewonnene gemeinsame Zeit, die vielen kleinen gemeinsamen Momente. Wenn man so lange auf etwas gewartet hat, dann weiß man plötzlich wieder die Dinge zu schätzen, die manchmal zu schnell bedeutungslos werden können. Ein Frühstück zu zweit, ein Abendessen mit gemeinsamen Freunden, ein Streit, dem eine Versöhnung folgt.
Für mein eigenes Leben bedeutet dieses Auswandern aber vor allen Dingen sich selber neu kennen zu lernen. Man beginnt quasi ganz von vorne. Es ist eine neue Sprache, die ab sofort und schonungslos den Alltag dominiert. Ohne Schwedisch sprechen zu können fühlt man mich hier fremd, eben als Ausländer. Und so lerne fleißig die Sprache, um mich zu integrieren. Dies ist wohl die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Auswanderung, egal wohin. Sofern einem erst einmal die Personennummer zugeteilt worden ist, kann man kostenfrei einen Sprachkurs besuchen und somit auch in Kontakt zu neuen Menschen treten, denen es nicht anders geht als einem selbst.
Nach einigen Wochen ist mein Schwedisch nun so vorangeschritten, dass der Alltag ganz gut funktioniert und mich die Schweden nicht mehr gleich in ihrem perfekten Englisch ansprechen, sobald sie merken, dass dir einige Sätze in ihrer Landessprache schwer fallen. Je mehr Schwedisch ich lerne, desto sicherer fühle ich mich im Umgang mit neuen Menschen.
Und gerade zu Beginn eines neuen Lebensabschnittes hier muss man eben noch vieles regeln, wobei man manches Mal auf die Kooperation schwedischer Behörden angewiesen ist. So warte ich nun seit mehr als acht Wochen auf meinen Eintritt in das schwedische Gesundheitssystem, mittlerweile habe ich sicherheitshalber eine private Krankenkasse abgeschlossen. Nur für den Fall, dass es etwas passieren sollte. Dies, was ich hier berichte, sind allerdings ganz subjektive Erfahrungen, die keineswegs der Verallgemeinerung dienen können. Kommt man über den Arbeitsweg nach Schweden, so sind viele behördliche Gänge sicherlich einfacher. Ich bin ja quasi arbeitslos hierher gekommen, ohne verheiratet zu sein, ohne einen Job zu haben. Man könnte etwas überspitzt sagen, ich bin also der absolute Anti-Wunschkandidat eines jeden Schweden.
Aber man muss sich eben ganz bewusst darüber sein, dass Auswandern, sofern es eben nicht über den Arbeitsweg einer Firma etc. läuft, kein Honig schlecken ist und man sich regen muss, um etwas zu erreichen. Ich versuche gerade mein Bestes zu geben!
Für mich ist jeder Tag noch ein einziges Sammeln von Erfahrungen. Ich mache jeden Tag neue Entdeckungen in der Stadt, beim U-Bahn fahren, in den Supermärkten und einfach überall. Ich werde euch in meinem nächsten Bericht erzählen, was mich zum Staunen bringt, worüber ich mich wundere und was ich einfach nur an dieser Stadt und an dem neuen Leben so liebe!
Bis bald,
eure Anna
Autor(in): Anna-Maria – [email protected]