Wenn man fragt, warum Deutsche nach Schweden auswandern, kommt eigentlich immer als Antwort, dass die Schweden so gelassen und fröhlich sind. Alles ist hier in Schweden langsamer, gemütlicher, ruhiger. Das stimmt natürlich nur zum Teil, aber im Großen und Ganzen ist es wahr. Die Lebensqualität ist eine andere. Nicht nur die schöne Landschaft zieht viele nach Schweden, sondern auch die “Schwedische Art”. Man feiert sehr gern, nutzt jede Gelegenheit zum Singen und Tanzen und zu gutem und reichlichem Essen.
Wenn einige meckern, weil es in Schweden langsamer und gemächlicher zugeht, nichts klappt und man ewig warten muss, ist das eigentlich nicht zu verstehen. Entweder, oder….!
Man kann hier zwar rund um die Uhr Lebensmittel kaufen, aber andere Geschäfte, wie Fachläden für Farben, Holz etc. schliessen meistens schon um 16.00 Uhr. Dann möchte der Schwede nach Hause, seine Kinder von der Tagesstätte abholen und sich ausruhen und den vielen Hobbies nachgehen. Man hat es hier nicht eilig. “Das klärt sich schon, wir kümmern und darum”, hört man oft als Antwort. Man muss halt etwas mehr Zeit und Gelassenheit mitbringen, egal um was es geht. Es ist ja auch ein großes Land mit wenigen Menschen. Bis der Fachmann kommt und die Stromleitung oder den PC repariert, sammelt er da oft einige Fälle in der Nachbarschaft, damit sich der Weg lohnt. Eile hat hier eine andere Bedeutung als in Deutschland. Aber sind wir nicht auch deswegen nach Schweden gekommen?!
Wir wundern uns im Sommer z.B. oft darüber, dass viele Restaurants und Cafes “sommarstängt” (geschlossen) haben. Wäre jetzt zur Sommer- und somit Touristen-Zeit nicht die beste Möglickeit, ordentlich Umsatz zu machen? Da denkt der Schweden aber oft anders, denn er möchte ja auch etwas vom Sommer haben, der ja so wunderschön, aber eben viel zu kurz ist….
Es ist noch nicht lange her, da hat das gesamte Land in der Ferienzeit “Industrieferien” gemacht. D.h. das komplette Land Schweden war geschlossen und verriegelt….. Stillstand total! Ja, ja, nicht ganz, klar, man konnte schon Eis kaufen und auf den Campingplatz, ins Kino etc. Aber die Firmen haben zur gleichen Zeit Betriebsferien gemacht. Das war besser zu organisieren, fand man. Da ist natürlich was dran, aber irgendwie doch nicht so richtig. Es ging auf Dauer nicht gut und man hat es erheblich gelockert. Für die Geschäftsfreunde im Ausland war es auch gar nicht einzusehen, dass hier einige Wochen lang rein gar nichts ging. Jetzt bleibt oft eine kleine Crew in der Fabrik zurück.
Der Feierabend ist dem Schweden auch heilig. Überstunden, so wie es in Deutschland immer üblicher wird, sind hier selten. Man lässt den Stift pünktlich fallen, macht den PC aus und geht nach Hause. Probleme lassen sich auch morgen noch regeln.
Diese Ruhe und Gelassenheit bedeutet aber nicht, dass hier nichts funktioniert, genau im Gegenteil. Schweden ist eines der organisiertesten und saubersten Länder (wenn man von den Autos absieht). Es läuft halt nur anders hier. Die Gärten sind tip top gepflegt und am Wochenende und im Urlaub geht es ins gepflegte kleine Sommarhäuschen, “sommarstugan”. Man ist auffallend freundlich und hilfsbereit. Ein kleiner Plausch auch unter zufälligen Begegnungen, wie beim Spazierengehen, ist ganz normal. Und man kommt aus dem “Hej”-Sagen gar nicht raus.
Wir sind seit über einem Jahr jetzt hier wohnhaft und haben uns angewöhnt zu sagen, dass hier alles anders ist, nicht schlechter, langsamer, bummeliger oder zu locker, sondern einfach ANDERS. Und genau das wollten wir ja. Nach dem anfänglichen Umgewöhnen geniessen wir es in vollen Zügen und wollen nie wieder anders leben…… (Auch wenn man nicht immer und überall Essen gehen kann, nur weil dort ein Restaurant oder Hotel ist, denn das hat ja meistens “stängt”. “Kommen Sie nach Midsommer wieder, da haben wir dann 3x die Woche, wenn das Wetter schön ist, wieder geöffnet.”)
Herrlich diese schwedische Art!
Autor(in): Katrin – [email protected]