Die Glasbläsereien im südschwedischen Småland haben eine lange Tradition. Die älteste Glashütte, Kosta, wurde 1742 gegründet. Heute sind in Småland noch 14 größere und noch weitere kleinere Glashütten, sogenannte Studioglashütten in Betrieb. Die meisten sind für Besucher geöffnet, man kann teilweise den Glasbläsern bei der Arbeit zusehen und auch die Glasgegenstände direkt ab Werk einkaufen.
Die älteste, noch bestehende Glashütte, Kosta in der Gemeinde Lessebo wurde 1742 von Anders Koskull und Georg Bogislaus Staël von Holstein gegründet. Der Name der Glashütte setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Nachnamen dieser beiden Begründer zusammen. 1990 schloss sich Kosta mit der Glashütte Boda, die in der Gemeinde Emmaboda ihren Sitz hat, zusammen. Boda war 1864 gegründet worden.
Heute nennt sich diese Glashütte Orrefors Kosta Boda AB. Angeschlossen haben sich noch die zweite große Glashütte, Orrefors, die in der Gemeinde Nybro ansässig ist, sowie die eher kleinere Hütte Åfors Glasbruk. Orrefors wurde 1898 gegründet, bestand aber schon seit 1726 als Eisenhütte. Åfors fertigte anfangs Haushaltsglas, hat sich dann aber durch die Künstler Bertil Vallien und seiner Frau Ulrica Hydman-Vallien einen Namen gemacht. Angeschlossen an diese Gruppe ist auch noch die Sea-Glashütte. In all diesen Glashütten sind heute etwa insgesamt 350 Personen beschäftigt. Es wird Gebrauchs-und Kunstglas von höchster Qualität hergestellt, das in der ganzen Welt verkauft wird.
Die wirklich älteste Glashütte, die aber heute nicht mehr existiert, wurde bereits 1628 gegründet, als der Halbbruder des damaligen Königs Gustaf II. Adolf Glasbläser aus Deutschland holte, um die Rohstoffe in Småland für die Glasproduktion zu nutzten. Es entstanden im Laufe der Zeit mehr als 100 Glashütten, von denen aber heute eben nur noch 14 übrig geblieben sind. Småland hatte die besten Voraussetzungen für den Betrieb der Glashütten. Es war genug Brennholz für die Öfen vorhanden, aus den Seen gewann man den Sand und mit der Wasserkraft betrieb man die Schleifereien.
Die Kosta Boda Gruppe bietet Gebrauchsglas und Kunstglas in jeder Preislage. Hier findet man die klassischen Designs und auch bekannte Glasserien, wie z.B. auch die Serie Nobel, die beim Nobelpreisessen Verwendung findet. Darüber hinaus produzieren hier berühmte Künstler ihre Werke. Namen wie Anna Ehrner, Kjell Engman, Bertil Vallien, Ulrica Hydman-Vallien, Göran Wärff sind Glaskennern ein Begriff. Die Künstler lassen ihrer Fantasie freien Lauf und zeigen außerordentliche, fantasievolle Kunstwerke aus Glas.
Die Sea-Glashütte, die 1956 gegründet und später von Kosta übernommen wurde, stellt vor allem fantasievolle Schalen und Platten, aber auch schöne Vasen her. Aktuell ist das Kroko-Muster sehr beliebt.
Erwähnenswert sind aber auch die anderen Glashütten, wie z.B. Bergdala Studioglas in der Gemeinde Hovmantorp, gegründet 1889 und vor allem bekannt durch die Serie Blåkant. Hier verbinden sich eine der ältesten Glashütten aus dem Jahr 1889 mit der erst 1987 gegründeten Studioglashyttan, traditionelles Glas in Verbindung mit den innovativen Ideen der Studioglasdesigner.
Darüber hinaus sind zu nennen Mats Jonasson Målerås, weiterhin Johansfors, Nybro, Pukeberg, Rosdala (hier wurden hauptsächlich Lampenschirme hergestellt, heute wird hier aber nicht mehr produziert), Skruf und Transjö. Und nicht zu vergessen die kleinen Studioglasbetriebe. Als Studioglas bezeichnet man Glas, das nicht industriell hergestellt wird, sondern das von einem oder mehreren Künstlern in eben diesen Studioglashütten kunstvoll produziert wird. Jede der Glashütten hat ihren eigenen, unverkennbaren Stil.
Målerås (gegründet 1890) ist bekannt für seine reliefartigen Glasobjekte mit den Tiermotiven. Diese Glashütte ist ganz eng mit dem Namen Mats Jonasson verbunden, von ihm stammen auch genau diese Tierreliefs. Bereits mit 14 Jahren kam Mats in die Glashütte und fragte nach Arbeit. Er wurde als Lehrling eingestellt und hat hier das Glasblasen, die Glasbearbeitung und das Gravieren gelernt und die Entwicklung der Glashütte stark mitgeprägt. Målerås hatte im Laufe der Jahre immer wieder Probleme und war nahe daran, stillgelegt zu werden. Mats Jonasson setzte sich immer für den Erhalt der Glashütte in Målerås ein und schließlich übernahmen er und 13 weitere Dorfbewohner die Firma. Die Hartnäckigkeit Mats Jonassons führte zum Erfolg und heute arbeitet die Glashütte sehr erfolgreich.
Bei Skruf, gegründet 1897, legt man Wert auf klare Formen, schön und funktionell. Eine besondere Idee ist die neue Weinkaraffe „Rainman“. Der Wein fließt wie sanfte Regentropfen ins Glas und wird dadurch entsprechend belüftet.
Transjö ist noch relativ jung, gegründet 1982. Das Gebäude wirkt von außen eher unscheinbar, innen bieten sich dem Besucher aber wahre Kunstwerke aus Glas. Auch um das Haus herum, am Fluss Lyckebyå, sind wunderschöne Objekte aus Glas in der Landschaft ausgestellt. Alles wirkt sehr magisch, friedlich und idyllisch.
Pukeberg, gegründet 1871, setzt den Schwerpunkt auf verspielte Objekte in kräftigen Farben. Neben langen schmalen farbigen Vasen gibt es hier auch allerlei Tiere aus Glas.
Nybro, gegründet 1935, stellt nach eigenen Aussagen „zeitgemäße Gebrauchsgegenstände für eine modernen Alltag her“, viele Schalen, Vasen und Kerzenleuchter und das berühmte Heringsschiffchen.
Die Johansforshyttan entstand 1891. Zum aktuellen Programm gehören Glasäpfel, wobei der leuchtend rote Astrakan-Apfel an Mobergs Auswandererzählungen erinnern soll, der Kristinas Heimweh symbolisiert. Auch trägt eine Glasserie den Namen Duvemåla, in Erinnerung an Kristina und Karl-Oskar.
Rosdala wurde 1895 in erster Linie als Hersteller für Beleuchtungsglas ins Leben gerufen. Man fertigte hier alles von Leselampen bis Lampenschirmen mit fantasievollen Mustern. Heute steht das Hüttengelände unter Kulturdenkmalschutz.
Die jüngste Glashütte, die erst im April 2011 eröffnet wurde, nennt sich Mickejohans Konstglas. Hier wird fantasievolles, farbenfrohes Glas hergestellt, z.B. als elegante Tulpengläser oder dekorative Glasskulpturen, aber auch Vasen, Platten, Schüsseln. Alles von höchster Qualität.
Die Region, in der die ganzen Glasbläsereien angesiedelt sind, nennt man das Glasreich. Es befindet sich in Småland mit dem der Hauptort Växjö. Bekannt für die Glasherstellung sind aber vor allem die Orte Lessebo, Emmaboda und Nybro. Die Gegend ist touristisch stark erschlossen, viele Besucher kommen, um die Glasbläsereien zu besichtigen, aber auch, um die Natur zu genießen, Ausflüge und Kanutouren zu unternehmen. Auch wird schwedische Tradition, wie z.B. die Midsommarfeier, hier großgeschrieben. In den Glashütten selbst kann man bei der Glasproduktion zuschauen und vielleicht auch mal selbst sein Glück versuchen. Der Besucher erfährt, wie aus rotglühendem, geschmolzenem Glas wunderschönes Gebrauchsglas und farbenfrohe Glaskunstwerke entstehen. Auch interessant sind die Hyttsill-Abende. Diese Tradition stammt aus früheren Zeiten. Im Abkühlofen, der abends herunter gekühlt wurde, hat man die Speisen zubereitet, und so saß man nach der Arbeit im oft einzigen warmen Raum im Dorf zusammen und kochte im Ofen Heringe und Kartoffeln. Heute können die Besucher an einem solchen Abend teilnehmen und neben Heringen und Kartoffeln auch Isterband – eine schwedische Wurstsorte – und Ostkaka – ein Käsekuchen – kosten.
Die Betriebe hatten es nicht immer leicht. Immer wieder sind Glashütten einem Brand zum Opfer gefallen oder waren auch hin und wieder vom Konkurs bedroht. Die meisten der großen konnten sich aber immer wieder erholen, neue Gebäude wurden erstellt und der Konkurs konnte durch Zusammenschlüsse verhindert werden.
Die größte Glashütte ist zweifellos die Orrefors Kosta Boda AB. Hier arbeiten viele der großen Designer und Glasgestalter wie Anna Ehrner, Göran Wärff, Kjell Engman. Auf dem Gelände von Kosta finden sich neben der Glasbläserei selbst, noch ein Kosta Outlet und das Kosta Boda Art Hotel, ein Vier-Sterne-Hotel. Sehenswert sind hier vor allem die Glasbar und die Gallerien mit den Glaskunstwerken. Glasliebhaber kommen hier wirklich ins Staunen, unglaublich, was man aus Glas alles herstellen kann. Wer sich für schönes Glas und vor allem für das schwedische Design interessiert, kann in dieser Region wirklich einige Tage verbringen und dabei auch ein kleineres oder größeres Vermögen ausgeben.
Autor(in): Heide – [email protected]