Grabstätten in Schiffsform aus der Bronzezeit finden sich im gesamten Ostseeraum. Immer wieder graben Archäologen weitere der so genannten “Schiffssetzungen” aus, z. B. im Sommer 2011 in der Nähe von Kristianstad in Skåne. Doch die meisten Schiffssetzungen findet man auf Gotland. Bis heute sind fast 400 Schiffssetzungen aus der Zeit zwischen 1500 und 500 v. Chr. gefunden worden. Mehr als 50 wurden archäologisch genau untersucht – und längst noch nicht alle Geheimnisse konnten den uralten Grabstellen entlockt werden.
Die Form der Schiffssetzungen ist immer gleich: Steinblöcke wurden in Form eines Schiffes mit spitzovalem Grundriss angeordnet. Die Höhe der Steine variiert: In der Schiffsmitte sind sie am niedrigsten, an den Schiffsenden am höchsten. Die längsten Schiffssetzungen sind mehr als 40 Meter lang, in Gnisvärd südwestlich Visbys befindet sich die längste bisher bekannte. Besonders eindrucksvoll sind Flächen mit mehreren Schiffssetzungen. In Gålrum bei Alskog lassen sich z. B. sieben gut erhaltene Schiffssetzungen besichtigen.
Die meisten Schiffssetzungen wurden als Grabstellen benutzt. In der Regel wurden zwei bis vier Tote pro Schiff beerdigt. Meistens, aber nicht immer, wurden die Toten vorher verbrannt. Man hat aber auch einige Skelettreste gefunden. Auf Gotland war diese Form der Bestattung nicht nur Seefahrern oder einer bestimmten Gesellschaftsgruppe vorbehalten. Archäologen gehen davon aus, dass zu bestimmten Zeiten der Bronzezeit ein Großteil der gotländischen Bevölkerung in Schiffssetzungen beerdigt wurde – vom Kleinkind bis zum Greis. Darin unterscheiden sich die gotländischen Schiffssetzungen von denen des schwedischen Festlandes.
Für die Forscher ist dies ein Hinweis darauf, dass das Schiff für die Gotländer der Bronzezeit einen sehr hohen Stellenwert hatte. Auch die vielen Felszeichnungen mit Schiffsmotiven deuten darauf hin, welch wichtige Rolle das Schiff im sozialen und religiösen Leben Gotlands in der Bronzezeit gespielt haben muss. Heute wird es vielfältig gedeutet: Es steht als Symbol der Weltordnung, der Kommunikation, als Symbol bei Fruchtbarkeitsritualen und natürlich als Symbol für die Fahrt der Toten in das Totenreich.
Allerdings haben die Archäologen in vierzehn der untersuchten Schiffssetzungen Gotlands keinerlei Hinweise auf ein Begräbnis gefunden. An weiteren Theorien wird daher eifrig gearbeitet. So scheint es möglich, dass Schiffssetzungen auch als geografische Orientierungshilfen angelegt wurden, z. B. entlang von Handelswegen.
Doch unabhängig von den vielen unterschiedlichen Deutungen sind die Schiffssetzungen Gotlands einen Besuch wert. Sie erlauben einen kleinen Einblick in die Welt der gotländischen Bevölkerung vor rund 3000 Jahren. Die interessantesten Funde rund um die Grabstellen wie Pinzetten oder Sicheln aus Bronze, Tongefäße oder Speerspitzen werden übrigens im “Gotlands Museum” in Visby ausgestellt.
Autor(in): Christoph- [email protected]