Fucking Åmål / Raus aus Åmål

Teenager können grausam sein. Besonders, wenn sie in einer abgeschiedenen Kleinstadt leben, wo jeder jeden kennt und außer alkoholhaltigen Privatparties nicht viel geboten ist. In der Schule machen die Jugendlichen einen auf cool, mobben die tiefgründige Agnes und hängen ihr an, sie sei lesbisch. Mit diesem Gerücht haben sie allerdings Recht – Agnes ist in die Schulschönheit Elin verliebt, doch das vertraut sie noch nicht einmal ihrer einzigen Freundin Victoria an. Nun wird Agnes 16 und die Mutter, die sich keinerlei Mühe gibt, die traurige Situation ihrer Tochter zu verstehen, organisiert eine Geburtstagsparty. Sie erwartet, dass Agnes’ Schulfreundinnen in Scharen zu diesem Fest kommen. Doch Agnes hat keine Freunde, aus Frust vergrault sie selbst Victoria. Die ahnungslose Angebetete Elin und deren Schwester laden sich aus reiner Langeweile derweil selbst zu Agnes’ Party ein und schließen eine Wette ab, dass Elin Agnes küsst.

Die Wette glückt, doch der Kuss tritt in Elin unerwartete Gefühle los. Ein tiefsinniges Gespräch zeigt den beiden Mädchen, dass die jeweils andere gar nicht so unnahbar ist, wie sie immer wirkt, und dass Agnes nicht die einzige ist, über die getratscht wird. Die Mitschüler hängen Elin an, sie sei eine Schlampe, nur weil sie sich aufreizend anzieht. In Wirklichkeit sehnt sie sich aber auch nur nach Liebe, Anerkennung und einer Perspektive jenseits des in Åmål üblichen Häuschens mit Garten – und jenseits der üblichen schlecht funktionierenden oder geschiedenen Ehen. Spät nachts beschließen die Mädchen, gemeinsam per Anhalter nach Stockholm zu flüchten. Aber dieser Plan scheitert schon daran dass ein ursprünglich hilfsbereiter Autofahrer kein lesbisches Pärchen in seinem Wagen haben will.

Auch andere Menschen in Åmål würden mit ihren engstirnigen Normen das Liebesverhältnis zwischen Agnes und Elin nicht zulassen. Elin teilt zwar ihren Freundinnen versehentlich mit, dass sie den Kuss schön fand; aber um ihr Gesicht nicht zu verlieren, beginnt sie eine emotionslose Beziehung mit ihrem männlichen Verehrer Johan. Die anderen Mädchen sehen den Kuss derweil als willkommenen Beweis für ihre Gerüchte über Agnes und drangsalieren sie nur noch mehr. Nur Victoria, die ebenfalls eine Außenseiterin in der obercoolen Schulgemeinschaft darstellt, verhilft dem Film zu einer überraschenden Wende…

Fucking Åmål ist ein Teeniefilm für sowohl ein jugendliches als auch erwachsenes Publikum, aber nicht so überzogen und vorhersehbar, wie man es von der Hollywood-Filmgattung „Teenie Movie“ kennt. Die Hackordnung in der Schule, die Gespräche über Mode und die erste große Liebe, das dringende Bedürfnis, irgendwo hinein zu passen und die Ideale der Erwachsenen in Frage zu stellen – das alles macht den Film glaubwürdig und bringt den Zuschauer dazu, sich wirklich mit den Charakteren zu identifizieren. Es ist eine Tragikomödie, aber auch ein tiefsinniges psychologisches Porträt junger Menschen, die einfach anders sind als ihre Altersgenossen. Ein Film, bei dem man mitlachen, mitweinen und vor allem auch mitdenken kann. Und obwohl er schon elf Jahre alt ist, ist er interessant, menschlich und aktuell wie eh und je.

(Autor: Friederike Hesselmann)
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