Schärenrundfahrt Stockholm

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Die Stockholmer Schären: Mehr als nur eine Bootsfahrt

Du hast vielleicht schon von Stockholm gehört. Die Stadt auf dem Wasser, die Hauptstadt Schwedens. Aber hast du schon einmal genauer auf die Karte geschaut, was östlich davon im Meer liegt? Tausende von kleinen Punkten, wie hingestreut. Das ist der Stockholmer Schärengarten, oder einfach „die Schären“. Und eine Rundfahrt dort ist nicht einfach nur eine weitere Touristenaktivität. Es ist ein Fenster in eine andere Welt, direkt vor den Toren der Großstadt.

Viele Leute denken bei „Bootstour“ an etwas, das man halt so macht im Urlaub. Man sitzt da, knipst ein paar Fotos, und das war’s. Aber die Schären sind anders. Es geht nicht nur darum, etwas anzuschauen. Es geht darum, etwas zu erleben. Eine Art von Freiheit und Ruhe, die man in der Stadt selten findet.

Was sind diese Schären eigentlich?

Stell dir vor, die Eiszeit hat riesige Felsbrocken glattgeschliffen und dann das Meer darüber laufen lassen. Was übrig bleibt, sind Inseln. Tausende davon. Manche sind groß genug für kleine Dörfer, mit den typischen roten Holzhäusern und kleinen Häfen. Andere sind kaum mehr als ein nackter Felsen, auf dem vielleicht ein paar Kiefern wachsen und Seevögel nisten. Die Zahlen variieren, aber man spricht von etwa 24.000 bis 30.000 Inseln, Inselchen und Felsen. Ja, so viele.

Sie erstrecken sich von Stockholm etwa 60 Kilometer nach Osten in die Ostsee hinein. Die inneren Schären sind grüner, lieblicher, mit mehr Bäumen und dichterer Besiedlung. Je weiter du nach außen kommst, desto karger und rauer wird die Landschaft. Die Bäume werden kleiner, die Felsen dominieren. Hier spürst du die offene See.

Das Faszinierende ist diese Vielfalt. Du fährst an einer Insel vorbei, die aussieht wie aus einem Astrid-Lindgren-Film, und fünf Minuten später bist du an einem Ort, der dich an die schottischen Highlands erinnern könnte, nur flacher und mit mehr Wasser drumherum.

Warum solltest du das machen?

Gute Frage. Du könntest ja auch einfach in Stockholm bleiben. Museen besuchen, durch Gamla Stan schlendern. Das ist auch schön. Aber die Schären geben dir eine andere Perspektive. Nicht nur auf die Landschaft, sondern auch auf die schwedische Lebensart.

Viele Stockholmer haben Sommerhäuser in den Schären. Für sie ist es der ultimative Rückzugsort. Ein Ort, um abzuschalten, Boot zu fahren, zu angeln, zu schwimmen (ja, auch wenn das Wasser frisch ist), oder einfach nur dazusitzen und aufs Wasser zu schauen. Wenn du eine Schärenrundfahrt machst, schnupperst du ein wenig von diesem Lebensgefühl.

Es ist auch einfach beeindruckend. Die schiere Menge an Inseln. Die Art, wie das Licht auf dem Wasser spielt. Die Ruhe, sobald man ein wenig von den Hauptrouten abweicht. Manchmal siehst du Robben, die sich auf den Felsen sonnen, oder Seeadler, die ihre Kreise ziehen.

Und es ist zugänglich. Du steigst in Stockholm auf ein Boot und bist mitten drin. Kein langer Transfer, keine komplizierte Anreise.

Was gibt es da draußen zu sehen und zu tun?

Das hängt natürlich davon ab, welche Art von Tour du machst und wie viel Zeit du hast. Aber ein paar Dinge sind fast immer dabei:

  • Die Landschaft selbst: Das ist der Hauptdarsteller. Die glatten Felsen, die kleinen Buchten, die engen Durchfahrten zwischen den Inseln. Die roten und gelben Holzhäuser, die wie Farbtupfer in der Landschaft wirken.
  • Vaxholm: Oft ein Ziel oder zumindest ein wichtiger Stopp. Ein charmantes Städtchen mit einer imposanten Festung, die früher Stockholm vor Angriffen von See her schützen sollte. Hier kann man gut aussteigen, ein bisschen bummeln, eine „Fika“ (die schwedische Kaffeepause mit Gebäck) machen.
  • Grinda: Eine beliebte Insel, oft als Naturreservat ausgewiesen. Hier gibt es Wanderwege, Bademöglichkeiten, einen Bauernhof und oft auch Kajakverleih. Ein guter Ort, um ein Gefühl für das „aktive“ Schärenleben zu bekommen.
  • Sandhamn: Liegt weiter draußen und ist ein bekannter Seglertreffpunkt. Hat ein bisschen mehr „Jetset-Flair“, aber auch schöne Strände und eine raue Natur. Bekannt aus den Krimis von Viveca Sten.
  • Fjäderholmarna: Die „nächsten“ Schäreninseln, nur etwa 20-30 Minuten Bootsfahrt von Stockholm entfernt. Ein guter Schnupperausflug, wenn du nicht viel Zeit hast. Es gibt Restaurants, Kunsthandwerker und kleine Räuchereien.

Aber es geht nicht nur um konkrete Ziele. Oft ist der Weg das Ziel. Einfach auf dem Boot sitzen, die frische Luft einatmen, die wechselnden Ausblicke genießen. Viele Boote haben Cafeterias, wo du dir einen Kaffee oder ein Bier holen kannst. Manche bieten auch Mittag- oder Abendessen an.

Die Schären zu jeder Jahreszeit

Man könnte meinen, die Schären sind nur was für den Sommer. Falsch gedacht. Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Reiz.

Frühling (April – Mai):

Die Natur erwacht. Das erste zarte Grün zeigt sich an den Bäumen. Die Zugvögel kehren zurück. Es ist noch nicht so voll wie im Sommer, und die Luft ist oft klar und frisch. Die Tage werden spürbar länger. Eine gute Zeit für ruhige Erkundungen, vielleicht eine Wanderung auf einer der Inseln. Die Bootsfahrpläne sind vielleicht noch etwas eingeschränkter, aber die Hauptrouten werden bedient. Pack eine winddichte Jacke ein, es kann noch kühl sein. Das Licht ist oft besonders schön für Fotos.

Sommer (Juni – August):

Das ist die klassische Schärenzeit. Lange, helle Tage (Mittsommer im Juni ist ein Erlebnis für sich, auch wenn viele Feiern eher privat sind). Das Wasser ist warm genug zum Schwimmen – zumindest für Hartgesottene. Überall sind Segelboote und kleine Motorboote unterwegs. Die Inselrestaurants und Cafés haben Hochsaison. Du kannst Kajak fahren, angeln, sonnenbaden. Es ist die lebendigste Zeit, aber auch die vollste. Buche Touren und Unterkünfte (falls du übernachten willst) am besten im Voraus. Denk an Sonnenschutz und Mückenspray. Das „Allemansrätten“ (Jedermannsrecht) erlaubt dir, fast überall an Land zu gehen, solange du die Natur respektierst und nicht in Sichtweite von Wohnhäusern campierst oder Feuer machst.

Herbst (September – Oktober):

Meine persönliche Lieblingszeit. Die meisten Touristen sind weg, es wird ruhiger. Die Blätter an den Laubbäumen färben sich golden und rot – ein wunderbarer Kontrast zum blauen Wasser und den grauen Felsen. Die Luft ist oft klar und die Sicht weit. Perfekt für Wanderungen und um die Ruhe zu genießen. Viele Restaurants haben vielleicht schon geschlossen oder eingeschränkte Öffnungszeiten, aber die Natur ist umso eindrucksvoller. Pilz- und Beerensammler kommen auf ihre Kosten. Es ist die Zeit für warme Pullover und vielleicht eine Thermoskanne mit heißem Tee.

Winter (November – März):

Eine ganz andere, aber faszinierende Erfahrung. Wenn Schnee liegt und Teile der Schären zufrieren, wirkt alles wie verzaubert. Manche Reedereien bieten spezielle Wintertouren an, manchmal sogar mit Eisbrechern (obwohl das in den inneren Schären seltener nötig ist). Es ist still, fast meditativ. Du kannst Glück haben und Schlittschuhläufer auf dem Eis sehen. Die Tage sind kurz, aber das gedämpfte Licht hat seinen eigenen Reiz. Es gibt spezielle Weihnachtstouren („Julbord“ – das schwedische Weihnachtsbuffet – auf einem Boot). Warm anziehen ist hier überlebenswichtig. Nicht alle Inseln sind leicht erreichbar, aber die Hauptverbindungen, z.B. nach Vaxholm, bestehen oft ganzjährig.

Wie kommst du hin? Die verschiedenen Bootstouren

Es gibt nicht die eine Schärenrundfahrt. Es gibt viele Möglichkeiten, je nachdem, wie viel Zeit du hast und was du sehen möchtest.

Kurze Sightseeing-Touren:

Diese dauern oft 2-3 Stunden und geben dir einen guten ersten Eindruck. Sie konzentrieren sich meist auf die inneren Schären, fahren vielleicht durch enge Kanäle und an schönen Villen vorbei. Gut, wenn du wenig Zeit hast. Starten oft direkt im Zentrum von Stockholm.

„Tausend-Inseln-Tour“ (Tusen Öars Kryssning):

Eine längere Tagestour, die dich weiter raus in die mittleren und manchmal äußeren Schären bringt. Hier siehst du mehr von der Vielfalt der Landschaft. Oft mit Mittagessen an Bord. Eine gute Option, um wirklich viel zu sehen.

Linienschiffe (Waxholmsbolaget):

Das ist quasi der öffentliche Nahverkehr auf dem Wasser. Diese Boote verbinden Stockholm mit vielen Inseln im gesamten Schärengarten. Du kannst einfach ein Ticket für eine bestimmte Strecke kaufen oder eine Insel besuchen und später mit einem anderen Boot zurückfahren. Das gibt dir viel Flexibilität und ist oft günstiger als reine Touristenboote. Du reist hier mit den Einheimischen. Die Boote sind vielleicht einfacher, aber die Erfahrung ist authentischer. Ein Tagesausflug nach Grinda oder Vaxholm ist so leicht machbar.

Spezialtouren

Es gibt Dinner-Cruises, Musikfahrten, thematische Touren (z.B. zu bestimmten historischen Orten oder Naturreservaten). Manche Anbieter haben auch schnellere RIB-Boote (Festrumpfschlauchboote) für Adrenalinjunkies, aber das ist dann weniger „Rundfahrt“ und mehr „Action“.

Ein paar praktische Gedanken

  • Wo buchen? Viele Touren kannst du online im Voraus buchen, was besonders im Sommer ratsam ist. Oder direkt an den Anlegestellen in Stockholm (z.B. Strömkajen, Nybrokajen, Stadshuskajen). Für die Linienschiffe von Waxholmsbolaget kannst du Tickets oft auch an Bord kaufen oder die SL-Access-Karte (für den Stockholmer Nahverkehr) nutzen, die auf manchen Strecken gilt. Informiere dich vorher.
  • Was anziehen? Auch im Sommer kann es auf dem Wasser windig und kühler sein als in der Stadt. Eine winddichte Jacke ist immer eine gute Idee. Bequeme Schuhe, falls du auf einer Insel spazieren gehst. Sonnenschutz nicht vergessen!
  • Seekrankheit? In den inneren Schären ist das Wasser meist ruhig. Wenn du weiter rausfährst und es windiger ist, kann es schon mal ein bisschen schaukeln. Wenn du empfindlich bist, nimm vielleicht vorher etwas gegen Seekrankheit.
  • Essen und Trinken: Auf den meisten größeren Booten gibt es Verpflegung. Auf den Inseln gibt es oft Cafés oder kleine Läden, aber das Angebot kann begrenzt sein, besonders außerhalb der Hauptsaison. Es ist nie verkehrt, eine Wasserflasche und einen kleinen Snack dabeizuhaben.

Nicht nur gucken, machen!

Das Tolle am Schärengarten ist, dass er nicht nur zum Anschauen da ist. Er ist ein riesiger Spielplatz.

  • Kajak fahren: Eine der besten Arten, die Schären hautnah zu erleben. Du kommst in flache Buchten, wo größere Boote nicht hinkommen. Es gibt viele Verleihstationen.
  • Wandern: Viele Inseln haben markierte Wanderwege. Die Natur ist oft überraschend abwechslungsreich.
  • Schwimmen: Im Sommer ein Muss. Das Wasser ist klar und erfrischend. Es gibt offizielle Badeplätze oder du suchst dir einfach einen schönen Felsen.
  • Angeln: Mit einer einfachen Angelrute kannst du dein Glück versuchen (beachte die Regeln!).
  • Sauna und dann ins Meer springen: Die ultimative schwedische Erfahrung. Manche Inseln haben öffentliche Saunen oder man kann eine mieten.

Das „Geheimnis“ der Schären

Das wirklich Besondere am Stockholmer Schärengarten ist vielleicht nicht eine einzelne Insel oder eine bestimmte Aussicht. Es ist das Gesamtpaket. Diese Mischung aus rauer Natur und menschlicher Kultur. Die Tatsache, dass so eine Wildnis so nah an einer pulsierenden Hauptstadt existiert.

Es ist ein Ort, der dich zwingt, ein bisschen langsamer zu machen. Auf dem Boot hast du keine Wahl. Du kannst nicht einfach aussteigen und woanders hingehen. Du musst dich dem Rhythmus des Wassers und der Inseln anpassen. Und das ist vielleicht genau das, was viele von uns ab und zu brauchen.

Wenn du also nach Stockholm fährst, plane unbedingt Zeit für die Schären ein. Es ist mehr als nur ein Ausflug. Es ist eine Erfahrung, die du nicht so schnell vergessen wirst. Es ist, als würdest du für ein paar Stunden oder einen Tag in ein anderes Leben eintauchen. Und wer weiß, vielleicht entdeckst du ja deine eigene Lieblingsinsel unter den Tausenden. Es gibt genug davon.

Die Leute, die die Schären wirklich kennen, die dort Sommer für Sommer verbringen, haben oft so eine ruhige, zufriedene Ausstrahlung. Als ob sie ein Geheimnis kennen würden, das der Rest von uns erst noch entdecken muss. Vielleicht liegt ein Teil dieses Geheimnisses einfach darin, Zeit an einem Ort zu verbringen, wo die Natur noch das Sagen hat und der Horizont weit ist. Und das ist doch eine ziemlich gute Sache, oder?