Dass Kurt Wallander, der fiktive Kommissar des schwedischen Autors Henning Mankell, eine Vorliebe für Oper hat, wird den meisten seiner Leser bekannt sein. Immer wieder lauscht er in seinem Auto den Klängen der Opernsängerin Maria Callas oder begibt sich auf den Weg nach Kopenhagen, wo er das dortige Opernhaus besucht. Dass Kurt Wallander nun selbst zur Opernfigur wird, hat er einer internationalen Koproduktion der Städte Tübingen und Ystad zu verdanken, die Wallander in „W – Truth beyond“ zur Hauptfigur einer Kriminaloper machen.
Kurt Wallander war kein Superheld, aber ein Held unserer Zeit. Viel zu oft besuchte Wallander seine Lieblingskonditorei, hatte Vorlieben für Whisky und Kaffee und litt unter Schlafstörungen. Diabetes und Alzheimer sollten schließlich die Krönung der physischen Erschöpfung sein – mehr als fünf Jahre, nachdem Henning Mankell seinen Kriminalkommissar in den Ruhestand entließ, verstarb nun der Autor selbst im Herbst 2015 in Folge seiner schweren Krebserkrankung.
Die Oper entsteht
Unter der künstlerischen Leitung von Philipp Amelung werden das Collegium Musicum der Universität Tübingen sowie Studierende der Musikhochschule Stuttgart die Oper aufführen. Die Regie übernimmt die Opernregisseurin Julia Riegel. Weitere Kooperationspartner und Förderer sind die Fachbereiche Musikwissenschaft, Medienwissenschaft, Germanistik und Skandinavistik der Universität Tübingen sowie die Städte Tübingen und Ystad, der schwedische Schauplatz der Wallander-Krimis. Die Partitur liefert dabei der schwedische Komponist Fredrik Sixten, das Libretto verfasst der schwedische Dramatiker Klas Abrahamsson.
“Es ist mir nicht schwer gefallen, mich für dieses faszinierende Projekt zu entscheiden”, sagt Fredrik Sixten. “Dank des genialen Librettos von Klas Abrahamsson hat die Wallander-Oper alles, was sich Komponisten wünschen: Große Gefühle, eine spannende Krimihandlung, eine zeitgemäße Botschaft und daher viele Gelegenheiten, die Ausdrucksstärke meiner Musik in ihrer ganzen Bandbreite zu präsentieren.”
Wallanders allerletzter Fall
«Der Schatten hatte sich vertieft. Und langsam sollte Kurt Wallander in einem Dunkel verschwinden, das einige Jahre später in das leere Universum entließ, das Alzheimer heißt.»
Henning Mankell, Der Feind im Schatten.
Die Handlung der Oper ist dabei keineswegs eine Kopie eines bereits bestehenden Romans. Sie knüpft vielmehr an den letzten Wallander-Roman „Der Feind im Schatten“ an: Auf seinem Abschiedsfest anlässlich seiner Pensionierung wird der Kommissar von einem Mann, Tobias Jonsson, angesprochen. Jonsson, den Wallander vor fünfzehn Jahren des Mordes am eigenen Vater überführte, beteuert auch nach jahrelanger Haft noch eindringlich seine Unschuld. Damit ist Wallanders Neugierde ein letztes Mal geweckt und er beschließt, den Fall noch einmal aufzurollen.
„Was ich im Verlauf der Arbeit gelernt habe, ist, wie sehr die Welten von Kriminalroman und Oper sich ähneln“, sagt der Librettist Klas Abrahamsson. „Beide drehen sich ja um das Böse, den gewaltsamen Tod, große Gefühle und unglaublich grausame Ereignisse. Vor dem Hintergrund ist es fast eigenartig, dass nicht mehr Krimiopern gemacht werden!“
Henning Mankells Vermächtnis
Henning Mankell selbst sagte seine Unterstützung des Projektes zu. Er war gespannt, wie seine Romanvorlage als „Trampolin“ genutzt werden würde, um in das tiefe Wasser der Wallander-Welt zu springen. Die szenische Uraufführung im Juli 2016 in Tübingen, die schwedische Erstaufführung wenig später in Wallanders Heimat Ystad wird der Schöpfer der Figur Wallander jedoch nicht mehr miterleben. Sein Vermächtnis lebt jedoch ohne Zweifel weiter.
Autor: Hannes – [email protected]