Wer sich für schwedische oder skandinavische Kriminalromane interessiert, der kommt an dem schwedischen Autor Henning Mankell nicht vorbei. Im Stile von Maj Sjöwall und Per Wahlöö erschafft Mankell eine Romanfigur, die inmitten einer gesellschaftskritischen Erzählung ein Verbrechen aufzuklären hat. Kurt Wallander ist Kriminalkommissar in der südschwedischen Kleinstadt Ystad. Während Mankell in seinen Romane nicht gerade Kurt Wallander zum Kern seiner Erzählung macht, sondern ein brisantes Thema vorstellt, so ist es dennoch der außergewöhnlich gewöhnliche Ermittler, der vielen Lesern so am Herzen liegt.
Kurt Wallander und sein Privatleben
Kurt Wallander wird 1947 geboren und wächst zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwester Kristina in Klagshamn, etwas außerhalb von Malmö, in einer alten umgebauten Schmiede auf. Nachdem er zunächst Pressefotograph bzw. Opernsänger werden wollte, beginnt Kurt zum großen Unverständnis seines Vaters im Alter von 18 Jahren eine Ausbildung bei der Polizei in Malmö. Wallander heiratet 1970 seine Freundin Mona und noch im selben Jahr kommt ihre Tochter Linda zur Welt. Als Kurt Wallander im Sommer 1976 die Zusage für eine Stelle bei der Kriminalpolizei in Ystad bekommt, zieht er mit ihnen in die Mariagatan, einer Wohnstraße im Osten Ystads. Linda, die nach zwei Selbstmordversuchen eine lange Selbstfindungsphase durchlebt, zieht früh aus und so wohnt Wallander nach der Trennung von seiner Frau alleine. Noch Jahre nach der Trennung hat er große Sehnsucht nach Mona und hofft ständig auf eine Versöhnung mit ihr. Als diese für Kurt völlig überraschend die Scheidung einreicht, versinkt er zum Teil in Kummer und Selbstmitleid.
Wallander als Ermittler
Im Gegensatz zu den hard-boiled Detektiven der Nachkriegszeit verkörpert Mankells Wallander einen neuen Typ Kriminalkommissar. Kurt Wallander kämpft gegen Verbrechen, deren Weitläufigkeit ihn häufig erschüttern lässt. Der in die Jahre gekommene und übergewichtige Kurt Wallander ist dabei kein Philip Marlowe. Er ist nicht der Prototyp des knallharten, unbestechlichen und dennoch sentimentalen Einzelgängers. Einzelgänger ist Wallander schon, doch begleitet wird er von privaten Konflikten und seinen eigenen körperlichen wie psychischen Schwächen – er ist ein Mensch, wie du und ich. Viel zu oft besucht Wallander seine Lieblingskonditorei, hat Vorlieben für Whisky und Kaffee und leidet unter Schlafstörungen. Er ist ein Kommissar, der schüchtern ist und sich nach Zweisamkeit sehnt – und über allem schwebt seine Angst. Die Angst vor dem großen globalen Verbrechen, gegen das er nichts ausrichten kann.
Kurt Wallander als Identifikationsfigur
Was macht diesen melancholischen, introvertierten Einzelgänger dennoch zu einer derart liebenswerten Hauptfigur? Kurt Wallander ist ein Anti-Held, kein Superheld. Er ist ein Mensch. Kein Übermensch. Ja für viele sogar ein Mitmensch. Sein starkes Ehrgefühl und seine gute Moral bieten trotz privater Konflikte und Schwächen dem Verbrechen die Stirn – und das trotz allem mit Erfolg. Kurt Wallander lässt uns nahe an sich heran, man kann seine Gedanken nachvollziehen, seine Schritte mitverfolgen. Gerade diese Mischung aus fähigem Ermittler, der das Böse bekämpft, und lasterhaftem Privatmensch lässt den schwedischen Kommissar aus Ystad zu einer Identifikationsfigur werden und damit so sympathisch wirken. Kurt Wallander ist kein Superheld, aber ein Held unserer Zeit.
Autor: Hannes – [email protected]
Schreibe einen Kommentar