Es ist nun soweit. Die Stadt Kiruna muss umziehen. Schon seit Jahren ist dieses Thema im Gespräch:
Die Stadt droht zu versinken und muss daher dem größten Eisenerz-Bergwerk Schwedens weichen.
Kiruna, 200 Kilometer nördlich des Polarkreises gelegen und Hauptort der Region zählt heute 26.000 Einwohner. Neben mehrstöckigen Gebäuden findet man hier noch kleine, hundert Jahre alte Holzhäuschen. Die verschlungenen Straßen beruhen auf den Ideen von Hjlamar Lundbohm, dem Gründer von Kiruna. Sie sollen vor den kalten Winterwinden schützen. Alles in Allem ein nettes Städtchen. Berühmt ist Kiruna aber auch durch das Erzbergwerk, eines der größten der Welt. Durch den Abbau des Eisenerzes ist Kiruna inzwischen so weit unterhöhlt, dass man an der Grenze der Sicherheit angelangt ist. Die Grubenarbeiten im Berg Kirunavaara verlagern sich immer mehr Richtung Stadt. Unternimmt man nichts, wird die Stadt in etwa 30 Jahren versinken.
Bis Anfang der 60iger Jahre wurde im Tagebau abgebaut. Inzwischen ist die Mine im Luossavaara-Berg erschöpft, aber im Kirunavaara ist noch genügend Erz vorhanden. Bereits heute verläuft der Zugangsstollen mehr als 1000 m unter der Erdoberfläche und ein 300 km langes Netz durchzieht den Untergrund. Das Bergwerk ist somit der größte unterirdische Förderplatz der Welt. Aber immer mehr Risse tun sich auf, die umso größer werden, je tiefer die Bagger vorstoßen.
Die Gemeinde Kiruna plant den schrittweisen Umzug der Stadt Richtung Nordwesten an den Hang des Berges Luossavaara. Der Umzug ist Thema Nummer eins in der Stadt und die Gemeinde lädt immer wieder zu Bürgerversammlungen ein. Hier gibt es viel zu berücksichtigen, um die Anforderungen der Zukunft zu erfüllen.
Es handelt sich um ein gewaltiges Unternehmen, das 25 Jahre dauern und Milliarden von Euro kosten wird. Allein die Grubengesellschaft wird davon 5 bis 6 Milliarden Euro übernehmen. Vieles will man dabei berücksichtigen, man will sich an die früheren Ideen des Gründers von Kiruna, Hjalmar Lundbohm halten, man will aber auch Tradition und Moderne verbinden, die Wünsche der Ureinwohner, der Samen sollen berücksichtigt werden, aber auch Hightech und moderne Lebensqualität sollen mit einbezogen werden.
Man plant die Stadt ca. 7 km nordwestlich am Hang des Berges Luossavaara neu aufzubauen. Viele Arbeiten hierfür haben schon begonnen. Alles muss neu angelegt werden: Wasser- und Abwasserleitungen, Stromversorgung, Straßen und Schienen. Der Stararchitekt Anders Wilhelmson hat bereits einen Stadtplan für die neue Stadt erstellt. Die Ideen, die schon Hjalmar Lundbohm hatte, sollen weiterhin verwirklicht werden. Die Bürger der Stadt werden in die Planung mit einbezogen. Nicht nur in den Bürgerversammlungen wird das Thema diskutiert, der Umzug ist Thema Nummer eins, wenn sich die Bewohner von Kiruna treffen. Man hat den Eindruck, dass sie dem Umzug trotz allem positiv gegenüberstehen. Sogar Kinder malen und erzählen in den Schulen, wie sie sich ihre neue Stadt vorstellen.
Die Bahnlinie wurde teilweise bereits verlegt. Die Erzbahn, die von hier mehrmals täglich nach Narvik bzw. Luleå fährt, läuft bereits auf einer anderen Trasse. Doch dabei stellte sich ein Problem. Die Rentierherden der Sami ziehen seit jeher bei ihrem Wechsel zwischen Sommer- und Winterweiden durch die Gemeinde. Diese Wege der Rentiere dürfen nicht gekreuzt werden. Eine passende Lösung musste gefunden werden. Darüber hinaus soll der Bahnhof der neuen Stadt mitten im Zentrum liegen.
Schon in diesem Jahr sollen die ersten Bewohner aus ihren Häusern ausziehen. Insgesamt sollen mehr als 2000 Menschen, das sind 10 % der Bevölkerung umgesiedelt werden. Aber das heißt nicht unbedingt, dass sie ihre vertraute Umgebung verlassen müssen. Man plant nämlich, die historischen Häuser ins neue Kiruna hinüber zu transportieren. Auch die schöne Kirche von Kiruna soll so wie sie ist versetzt werden. Sie erhält dann einen Platz am Luossajärvi-See gegenüber dem neuen Stadtzentrum.
All das kostet beträchtliche Summen. Am teuersten wird jedoch der Umzug des berühmten Rathauses mit seinem Glockentrum werden. Es zählt zu den schönste Gebäuden Schwedens. Ihn zu erhalten ist ein wichtiges Anliegen.
Das alte Zentrum wird dann vollkommen verschwinden, Gebäude, die nicht versetzt werden, werden abgerissen. Straßen werden abgetragen und die ganze Umgebung wird der Natur wieder angepasst.
Man redet auch davon, hier einen Freizeit- und Ökopark zu errichten. Die Grube soll mit Glas überdacht werden und darunter soll eine Art Regenwald entstehen, durch den man Wandern kann. Und oberhalb der Grube fährt man Ski.
Aber das alles sind Visionen, was davon umsetzbar wird, wird sich zeigen. Aber zunächst kommt auf Kiruna eine große Veränderung zu. Es wird eine neuen Stadt entstehen. Das Bewährte soll auch in der neuen Stadt erhalten bleiben, aber neue Ideen sollen umgesetzt werden. Ziel ist, dass sich die Bewohner wohl fühlen und dass sie beim Planen ihrer neuen Stadt mit einbezogen werden.
Autor(in): Heide – [email protected]